Kapitel 10: Finale Grandioso, oder: Die Passion Hamanos

Nachdem das Foto geschossen worden war, hatten sich die meisten wieder in ihre Autos begeben. Wie es aussah, würde es wohl eine lange Kolonne geben. Zuvorderst das Auto der Senatsvorsitzenden und ihrer Familie, mit Hamano im Schlepptau, danach wohl die Autos der anderen Reinblutfamilien und zuletzt die der Adligen. Ob die Hunter sich dem Paradezug anschließen würden, wusste niemand so genau, doch es standen genügend Wägen bereit. Amaya hatte sich schon in die Luxuslimousine gesetzt, welche von Shigure gefahren wurde, während Yokai mit einem Grinsen am Auto gelehnt stand und nur darauf wartete, dass Luzius mit Hamano auftauchte. Immerhin, er wollte selbst einmal im Auto sitzen und dabei zusehen, wie jemand die wohl größte Demütigung erlebte, die ein Einzelner erleben konnte. Neben ihm stand Yoshiro, der ihn neugierig beobachtete, zugleich aber ein wenig Schuldgefühle hegte. Er hatte solch eine Demütigung seinem eigenen Bruder angetan. Dem Bruder, der ihn oft genug aus der Patsche gerettet hatte. Dann aber verwarf er den Gedanken wieder. Er hatte es wieder gut gemacht, hoffte er zumindest. Und fürs Erste zählte etwas anderes...

Hana, Sayoko und ihre Cousinen hatten sich dagegen in einem der Autos für die Schüler der Akademie niedergelassen, wo sie nun um die Fensterplätze kämpften, um ja auch möglichst viel von der Parade mitzubekommen. Ein wenig fanden sie es schade, nicht bei Amaya sein zu können, aber sie wussten ja, wie es war, einen hohen politischen Rang innezuhaben. Dann aber sahen sie auf, als sie Luzius mit Hamano entdeckten.

"Möge Gott dir gnädig sein, wenn ich erst einmal vor Gericht ziehe. Schmerzensgeld werde ich fordern und Entschädigungen für alles was mir hier angetan wird!!!", schrie Hamano, während er von den beiden Dämonen zum Auto getragen wurde. Luzius wollte sich schließlich sicherlich nicht die Hände schmutzig machen.
"Ach du meine Güte was für ein Spektakel", kicherte Sakura, die durch das Autodach hinaus schaute um zuzusehen wie Hamano gedemütigt werden würde. Rodriguez hatte freiwillig das Steuer übernommen, während Kaien auf dem Beifahrerplatz saß. Akino, die Zwillinge sowie Kagome und Mi Cha hatten noch auf der Rückbank Platz gefunden.
Jean-Chaque dagegen fuhr im anderen Auto mit, in dem auch Lady Fortescune saß, auch wenn sie mehr gezwungen als freiwillig an der Veranstaltung teilnahm. "Ich behaupte ja immer noch, dass er eigentlich uns zusteht und ein ordentliches Gerichtsverfahren verdient hätte in Rom! Aber was soll man machen..." seufzte sie und schaute etwas desinteressiert aus dem Fenster, wo sie zusehen konnte wie Hamano festgebunden wurde.

"Vor Gericht. Genau. Vor welches Gericht will ein Toter ziehen? Ich glaube ja kaum, dass das höllische Gericht dir Gnade zuteil lassen werde...." Yokai hatte zu lachen begonnen, und auch sein Bruder Yoshiro konnte nicht umhin, als etwas schadenfroh zu grinsen. Sie beide wussten, dass es im Moment so gut wie niemanden mehr gab, der Hamano jetzt noch helfen konnte. Seine ehemaligen Helfer hatte man schon längst verurteilt, Yumi und ihr Sohn waren an einem anderen Ort ziemlich sicher. Es gab absolut niemanden mehr, der ihn jetzt noch vor seinem Schicksal retten konnte.

Als man dann aber Hamano am Wagen festgebunden hatte, setzten sich Yokai und sein Bruder ebenfalls ins Auto, wobei sie schon jetzt das Dach hochgeklappt hatten. Ein wenig spürte Yokai ein gewisses Ziehen in der Brust, aber dann verdrängte er den Gedanken des schlechten Gewissens wieder. Er wollte Rache, und die würde er nun auch bekommen.

"Oh da oben wird man sich sicher dafür interessieren wie schlecht man mich behandelt...", beschwerte sich Hamano lauthals, auch wenn ihm sowieso keiner mehr zuhörte. Als der Wagen losfuhr konnte Hamano ohnehin nicht mehr reden, da das Auto ihn sofort auf den gepflasterten Weg der Schule fallen ließ.
"Autsch...das hat sicher weh getan..", kicherte Sakura, die sich das Schauspiel mit einer Taschenlampe anschaute. Immerhin war es tiefste Nacht, was für die Vampire vielleicht kein Problem war, für die sie aber schon. Daher waren ihre beiden Autos auch die einzigen, die die Scheinwerfer anhatten.

"Och, Shigure-san, Sie sollten doch nicht so hartnäckig anfahren?" fragte Yokai und schüttelte nur den Kopf. "Etwas zaghafter, sonst stirbt er noch ein zweites Mal." Er sah vom Dach aus zu, wie Hamano sich abmühte. Man hatte all seine Ketten mit dem Abschlepphaken des Autos verbunden - immerhin, bei Hamano wusste man ja nie. Er war in weitaus besserer Verfasssung als es Yokai damals gewesen war, und selbst im toten Zustand konnte er noch gefährlich genug sein. Dann aber spürte er einen erneuten Ruck als das Auto zum Beschleunigen ansetzte, denn der Weg bis zur Senatsstadt war weit, und sie wollten die Zeremonie noch vor Aufgang der Sonne abgeschlossen haben - es wäre wesentlich angenehmer für sie alle, nachdem keiner von ihnen die Sonne so gut vertrug. Höchstens Yuna und ihr Vater, aber sie bildeten eine Ausnahme, zusammen mit den Huntern und den Menschen.

"Langsam anfahren por favor...die da vorne fahren bisher auch nur Schritttempo, du darfst dir also alle Zeit der Welt nehmen. Noch ist nicht wirklich was los da vorne!", gab Sakura an den Fahrer weiter, während Kaien damit beschäftigt war, möglichst Aufmerksamkeit zu bekommen in dem er wie wild gestikulierte und seine Gartenparty in den höchsten Tönen lobte. Gleichzeitig hielt er immer wieder den Kopf zum Fenster raus und streckte seine Zunge heraus in Richtung des Wagens in dem Lady Fortescune saß.
"Kaien?? Solltest du dich nicht etwas seriöser verhalten? So wirst du als Vertreter der Kageshima doch gleich wieder abgesetzt per Dekret von oben", riet Akino besorgt, schließlich kannte sie sich mit der Politik besser aus als jeder andere im Wagen.

Auch Sayoko und Hana hatten sich aus dem Fenster gelehnt. In letzter Minute hatten sie sich umentschieden und fuhren nun bei Airi und Masako mit, wobei sich Hana selbst ans Steuer gesetzt hatte. Saoyko dagegen beobachtete etwas gelangweilt die kleine Passion, die hier stattfinden sollte, während Airi und Masako sich über Regierungsgeschäfte und Mode zu unterhalten schienen.

Im Wagen davor hatte Hasekura mit Kaoru und ihrem Vater Platz genommen, wobei Hasekuras Bruder Shion am Steuer saß, damit die Damen auf der Rückbank ihre kleine Teezeremonie fortführen konnten. Es war immerhin nicht so, als wäre der Vorrat an Tee noch halb voll, weshalb also warten, bis der Tee kalt war?

"Pfff die sollen doch machen was sie wollen! Bevor die sich trauen mich hier abzusetzen und in das letzte Kuhkaff von Rom zu schicken, bauen die eher einen völlig überteuerten Palast, so wie sie es immer tun. Außerdem hat Lady Fortescune da oben ohnehin kaum etwas zu melden, seit dem sie schon gepatzt hat, als sie Hamano beschaffen sollte!"; schlug Kaien die Warnung in den Wind und hängte weiter seinen Kopf zum Fenster heraus.
"Dieses Schrecksentante kann mir gar nichts!", lästerte Kaien weiter und schaute eifrig nach vorne, wo die Shadakos fuhren.

"Oh menno hier sieht man ja gar nichts.....", beschwerte sich Kaien und stand in voller Fahrt auf. Da sie aber ohnehin nur Schritttempo fuhren, war alles kein Problem. "Mach mal Platz Sakura-chan!", forderte Kaien und quetschte sich neben Sakura vorbei, so dass er nun auch durch das Autodach stehen und nach vorne schauen konnte. "Ah schon gleich viel besser", freute sich Kaien. Sakura gab dagegen nur ein lautes Seufzen von sich und fasste sich an die Stirn.

"Woah Leute, fahrt doch mal ein wenig schneller. ..so brauchen wir ja noch fünf Tage bis wir überhaupt mal das Gelände der Akademie verlassen haben. Und soooo lahm kann Hamano doch auch nicht laufen, oder? " fluchte Hana und drückte auf die Hupe. Sie gehörte zu den eher aggressiveren Fahrern und vor allem war sie ungeduldig. Deswegen wies sie Sayoko an, aus dem Fenster zu sehen und nachzuschauen wie es so voran ging - nur um zu erfahren dass es noch zu langsam ging.

Das Hupen bekam natürlich auch Shigure mit und nach kurzer Absprache mit Yokai und Yoshiro drückte er weiter aufs Gas und fuhr nun sogar mit gut 40 km/h über die Landstraße.

"Achtung...waaaaa HALT!!! MOMENT!", kreischte Kaien, als Rodriguez plötzlich von 5 km/h auf 40 beschleunigte. Kaien umarmte geschockt Sakura um nicht aus dem Autodach zu fallen, woraufhin Rodriguez stark bremste. Sakura und Kaien plumpsten beide ins Auto hinein, der Fahrer hatte aber andere sorgen. Hinter ihm kam schon das nächste Auto, das nun beschleunigte. Gerade noch rechtzeitig konnte Rodriguez den Motor starten und wieder beschleunigen, sodass der Zusammenstoß vermieden werden konnte.
Hamano hatte den beinah-Unfall mitangehesehen, weshalb er dem Auto, an dass er angekettet war, laut lachend hinterherrannte.
"Gute Güte....wer hat hier so eine schwungvolle Fahrt gefordert??", schrie Kaien aus dem Fenster und wirbelte mit seiner Faust herum. Da ihn aber sowieso niemand ernst nahm, packte Sakura ihn am Kragen und zog ihn wieder zurück ins Auto. "Was haben sie dir in den Tee gemischt? Ich bezweifle so langsam ob du wirklich nur Tee getrunken hast!", entgegnete Sakura genervt.

"Shigure-san, ich glaube Sie haben gerade fast einen Auffahrunfall provoziert..." meinte Yoshiro gelassen, rollte aber etwas grinsend mit den Augen, während sich Yokai umdrehte und nachsah, ob Hamano nicht doch vielleicht gestürzt war und nun von dem Auto hinterhergeschleift wurde, aber zu seinem Leidwesen konnte er nichts dergleichen erkennen und er schürzte etwas die Lippen. "Da ging unser Plan wohl in die Hose." bedauerte er die Situation, setzte sich dann aber wieder aufs Dach und sah auf seinen Erzfeind hinunter. "Sie hätten dich umfahren sollen. Ich hätte dich mal gern unter den Reifen gesehen." kicherte er und bekam in diesem Moment von seinem Bruder ein Glas Sekt nach oben gereicht, bevor dieser ebenfalls das Dach des Autos erklomm und die Parade genoss.

"Den Gefallen tu ich dir mit Garantie nicht! Aber ich erinnere mich zu gern daran, wie es aussah, als du hier angebunden warst! Ryouji hat mir alles unfreiwillig erzählt!", entgegnete Hamano, doch stoppte er dann gleich mit seinen Ausführungen um Yokai und die anderen nicht noch auf dumme Gedanken zu bringen. Wenn es stimmte, was er durch Ryoujis Blut erfahren hatte, hatte man Yokai mit glühenden Nadeln durchbohrt, und diese Folter wollte er nicht am eigenen Leibe erfahren.

Emi sah wie Yokai und Yoshiro sich auf das Autodach setzten und Sekt tranken. Jetzt konnte niemand sie mehr zurückhalten. Sie öffnete ebenso das Dachfenster des Schülerwagens und setzte sich zusammen mit Kyosuke und Seiji auf das Autodach, während Touya das Auto lenkte. Da Touya Autofahren eigentlich nicht gewohnt war, fuhr er selbst im trockenen Zustand fast Schlangenlinien, zum Glück für alle fuhren die Wagen aber langsam genug, dass er sie nicht in den Graben fuhr. In beste Feierstimmung prosteten die beiden Aritomogeschwister und Seiji den beiden Shadakobrüdern mit gefüllten Sektgläsern zu.

"Ich weiß, wie es sich anfühlt, hinterhergezogen zu werden. Natürlich erinnere ich mich auch daran, denkst du ich hätte das vergessen?" fragte Yokai und hatte schmunzelnd die Augenbrauen gehoben. "Aber genau deswegen will ich doch, dass du es auch einmal spürst. Weißt du Hamano, ich bin nachtragend. Sehr nachtragend. Es hat alles angefangen mit einem kleinen bösen Scherz, damals im Unterricht. Es ging weiter mit einer fast vereitelten Krönung, einem Sturz und hatte seinen Höhepunkt als du dafür gesorgt hast, dass ich um ein Haar meinen Sohn und mein Leben verloren hätte." Er hatte sein Sektglas seinem Bruder in die Hand gedrückt, war dann ganz auf das Auto gesprungen und sah nun auf Hamano herab. "Du hast nur eines nicht bedacht, und das war der Moment, an dem ich die Gelegenheit zur Rache hätte. Und dieser Moment ist jetzt. Und glaub mir, heiße Nadeln werden noch gnädig sein. Ich bin mir sicher, dass deinem Bruder Ryouji noch einiges einfällt, und ansonsten werde ich wohl auch selbst noch genügend Kreativität besitzen. Ich erwarte deine Schreie."

Als Amaya sah, dass sich mittlerweile auch einige Leute auf die Autodächer gesetzt hatten, grinste sie nur Sayako und ihre anderen Mitfahrerinnen an und nach kurzer Zeit sah man auch die Damen im Licht der langsam aufgehenden Sonne auf dem Autodach sitzen, eine jede ein Sektglas in der Hand. Die einzige, der das nicht so zu gefallen schien, war die Fahrerin - immerhin bekam sie nichts vom Alkohol ab.

"Hey die sitzen auch oben! Ich will auch!", protestierte Kaien und zog das Autodachfenster wieder auf. Obwohl der Wagen nun einiges schneller fuhr, als noch zu Beginn der Prozession, gelang es Kaien sich auf das Autodach zu setzen und nicht herunterzufallen. Im Gegensatz zu den Vampiren mit ihren übernatürlichen Fähigkeiten konnte Kaien aber nicht noch nebenher ein Glas Sekt trinken. Dafür genoss er den Sonnenaufgang, der den Himmel blutrot färbte.
Von seinem neuen Platz aus, winkte Kaien allen anderen fröhlich zu und streckte Hamano eifrig die Zunge raus. Endlich war wieder Friede auf der Kageshima und der Hauptverantwortliche für das viele Töten wurde seiner gerechten Strafe zugeführt.

"Wir werden ja sehen!"; entgegnete Hamano, doch dann sagte er nichts mehr, da der Wagen noch einmal beschleunigte und ihn völlig aus dem Gleichgewicht brachte. Aus Unachtsamkeit war Hamano gestolpert und wurde nun liegend dem Wagen auf dem Asphalt hinterhergeschleift.

"Huch? Wolltest du noch etwas sagen, Hamano?" Yokais Grinsen wurde breit, als Hamano plötzlich zu Boden ging und das Auto ihn auf dem dreckigen Asphalt hinterherzuschleifen begann. Dann zuckte er aber nur mit den Schultern und beobachtete mit einem frechen Schmunzeln, wie sein einstiger Todfeind nun mit dem Gesicht voraus durch den Staub gezerrt wurde. Genüsslich nahm er noch einen Schluck vom Sekt, während seine roten Augen neugierig den Rest des Autokorsos musterten. Mehrere hatten sich schon auf die Autodächer gesetzt und wandten wohl immer wieder den Blick zu demjenigen, der den ganzen Zug erst so langsam gemacht hatte, dass es nun sogar nötig geworden war, den Sonnenaufgang zu sehen.

Da sie jetzt endlich mal etwas mehr Tempo aufbringen durften, erreichte der Autokonvoi noch rechtzeitig bevor die Sonne vollständig aufgegangen war die wieder reparierte und hergerichtete Senatsstadt. Die gesamte Stadtbevölkerung und einige Ehrengäste aus der ganzen Welt standen am Straßenrand und applaudierten laut, als der Wagen der Shadakos einfuhr und Hamano hinter sich her schleifte.
Da sie nicht von der Sonne gestört werden wollten, hatten einige Adlige ihre Fähigkeiten dazu benutzt um die Stadt von der Sonne abzuschirmen, sodass in der Vampirstadt auch weiterhin Nacht herrschte, selbst wenn es außerhalb der Stadt auf der ganzen Kageshima hellster Tag war. Als Hamano vorbeigezogen wurde, wurde er von den am Wegesrand stehenden Vampiren mit faulen Eiern und vergammeltem Obst und Gemüse beworfen und ordentlich beschimpft. Es war alles wie eine Wiederholung von dem, was mit Yokai passiert war, nur dass sich diesmal absolut niemand zurückhielt.

Für einen kurzen Moment stockte Yokai, als die Stadtbewohner so weit gingen wie bei ihm damals, und für diesen einen Moment sah er nicht Hamano, sondern sich selbst, der gewaltsam die Serpentinenstraße hochgezerrt worden war und verzweifelt versucht hatte, sich gegen die faulen Lebensmittel zu wehren, und die Schreie zu verdrängen.
//Hast du Mitleid?// ging es ihm durch den Kopf, und er wandte wieder einen Blick zu Hamano. Nein. Er hatte kein Mitleid, wozu auch? Hamano hatte ihn an jeder Stelle ausgenutzt ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. //Komm schon, du warst ein König. Stell dich nicht so an. Grausamkeit ist dein Metier, hast du das vergessen? Rachsucht ist das, wofür du gelebt hast, und vielleicht auch jetzt noch lebst. Wozu also Mitleid? Wozu Sympathie? Wann hatten sie das schon mit dir? Zeig keine Gnade.//
Sein Blick wanderte zum Volk hinüber und er ließ sich von einem der Bürger ein paar Eier geben, die er über Hamano hielt. "Wie würden sie sich wohl in deinem Gesicht machen?" fragte er.

"Sicherlich nicht so gut wie in deinem!", entgegnete Hamano, bekam aber sein typisches überhebliche Grinsen nicht mehr hin, dass er sonst immer aufgelegt hatte, wenn er mit Yokai gesprochen hatte. Da der Wagen für die Serpentinenstraßen wieder etwas langsamer fahren musste, konnte Hamano wieder aufstehen und das Gleichgewicht halten, auch wenn er dafür nun mit allerlei Sachen bombardiert wurde.
Als Hamano einen anfliegenden Salat mit seinem Fuß zurück in die Menge kickte, wurde die Menge erst recht werfwütig und begann nun selbst kleine Pflastersteine nach Hamano zu werfen, der ihre Häuser und ihre schöne Stadt verbrannt hatte.
Yokai und der Wagen der Shadakos wurde dagegen mit Blumen und mit Reiskörnern bestreut, als hätte jemand geheiratet. Auch wenn Yokai der einstige Tyrann war, wurde er jetzt zusammen mit den anderen des Konvois als die Retter der Senatsstadt und der Kageshima gefeiert.
Emi kam derweil eine Idee und tauchte dann wieder auf dem Autodach auf, doch diesmal mit einer billigen Sektflasche aus Bastardo. Sie schüttelte kräftig und ließ dann den Korken knallen. Dem Publikum schien die Sektdusche nichts auszumachen, wenn man einmal von den Adligen absah, die um ihre edlen Klamotten besorgt waren.

"Das war die falsche Antwort." meinte Yokai nur und ließ die Eier auf Hamanos Kopf fallen, kurz nachdem dieser wieder aufgestanden war. Immerhin, der spotthafte Kommentar war noch da gewesen, doch das arrogante Lächeln fehlte, und ein wenig runzelte Yokai die Stirn. Würden sie es am Ende doch noch schaffen, den Willen eines Taiki zu brechen? Er wandte den Blick ab, hinaus auf die Menge. Sie feierten ihn, aber er wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte. Das Volk schien gerade immer dem zuzujubeln, der am meisten Macht hatte. Der, der sie mit Zuckerbrot und Peitsche kaufen konnte, war derjenige, der die Reiskörner abbekam.

Amaya dagegen bemerkte die kleine Sektschlacht, die Emi angefangen hatte, und auch sie ließ sich Sektflaschen nach oben geben und begann zu spritzen, genauso wie es Sayako ihr gleichtat, zusammen mit Airi und Masako.

Als die Mädels alle die große Sektschlacht mit dem Publikum anfingen, ging Kyosuke schnell wieder in Deckung im Auto. Die Sektschlacht hatte bei ihm schlagartig gewisse Erinnerungen an eine schon etwas länger zurückliegende Essensschlacht geweckt. Wenn er sich nur daran erinnerte wie der Blutkuchen in seinen Haaren geklebt hatte, wurde ihm ganz schummrig.

Bei Kaien schien es die selben Erinnerungen wachgerüttelt zu haben, denn sofort beschwerte er sich bei seinen Hunterkollegen darüber, wer das denn alles aufräumen sollte. "Ach mach dir keinen Stress...wir sind doch in der Vampirstadt. Dafür haben die sicherlich genug Reinigungskräfte!", entgegnete Sakura lachend. Sie hatte ein richtiges Déjà-Vu.

"Oh und stell dir vor Hamano - " mischte sich nun auch Yoshiro ein, der eben wieder mit einer Sektflasche auf das Autodach geklettert war. "Die ganze Sauerei darfst du noch aufwischen, bevor wir mit dir weitermachen. Immerhin, wir wollen ja, dass deine Folterung in einer sauberen Stadt stattfindet, und nicht in einem Drecksloch." Zum Spaß goss er noch etwas Sekt auf seinen Schwager, wobei er frech grinste, und sich dann erst etwas in sein Glas einschenkte, ebenso wie Yokai und Ryouji.

"Hey! Hört auf den guten Sekt hier wegzuschütten!!" beschwerte sich dagegen Amaya und ließ sich selbst noch einmal einschenken, bevor sie wieder einen kräftigen Schluck nahm. Ihre Robe hatte bisher noch keinerlei Flecken abbekommen, und sie hütete sich auch davor, immerhin war das Kleid teuer genug gewesen. Aber auch ihr ging die damalige Essensschlacht durch den Kopf, und sie begann zu lachen. Es war wieder eine Essensschlacht - allerdings eher einseitig.

"Oh gute Idee!", fand auch Emi und ließ nun den guten Sekt knallen, nachdem der billige in der Schlacht verschossen worden war. Freudig verteilte Emi eifrig Sekt auf die Gläser ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen, die mit ihr ihm Wagen saßen.
Darunter waren Ysou und Yuiko, Kyo, Seiji und Hirou, die sich alle über den Sekt freuten. Lediglich Touya bekam nichts ab, da er schließlich am Steuer saß. Azuma fehlte völlig, nachdem er seinen Schulabschluss nicht geschafft hatte, hatte er keine Lust auf den Autokorso gehabt. Vermisst wurde er aber sowieso von niemandem.
Kaoru sah, dass die Schüler und die Shadakos Sekt tranken, doch hatte sie ihrer Meinung nach sowieso das bessere Getränk in ihren Händen. "Auf eine frohe Zukunft!"; rief sie ihren ehemaligen Schülern und den anderen Feierwütigen zu und stieß mit einer Tasse Hasekura'schen Tees an.

Die Bevölkerung am Straßenrand hatte sich mittlerweile auch Sekt besorgt und stieß mit den Herrschern an. Man hätte meinen können es sei Silvester und Weihnachten gleichzeitig, so ausgefallen wie die Stimmung war.

Mittlerweile hatte fast jeder, der nicht fahren musste, ein Glas Sekt in der Hand und stieß mit den anderen an. Teilweise waren sie auf den Autos herumgeklettert, um mit anderen anzustoßen, die in anderen Wägen saßen. Manche dagegen waren schon so betrunken, dass sie zu Hamano nach unten kletterten und ihm immer wieder den Sekt ins Gesicht kippten oder ihm ein paar Tritte verpassten - was von Yokai mit einem leicht süffisanten Grinsen beobachtet wurde. Von den Straßen drangen Jubelrufe für die Retter der Stadt und Hassparolen für den Tyrannen, der sie in Brand gesteckt hatte.

Derweil war Yoshiro schon am Telefonieren. "Ja, ein Schaffott, ihr habt richtig gehört. Nein! Nicht im Innenhof, sondern auf dem Vorplatz, genau. Und ein Bankett... mindestens 200 Gäste. Bestellt mir noch die Phillharmonie ein! Und lasst die Schneider kommen, ich schätze wir brauchen neue Kleider. Das Essen? Was weiß ich! Sucht das beste raus, was ihr dahabt..kommt schon, das ist nicht das erste Mal, dass ihr etwas ausrichtet. Meine Tochter? nein, die ist gerade nicht da. Nein ich bin nicht der Vorsitzende, aber ihr Vater und ich kann das auch ausrichten..." Er legte auf und rollte mit den Augen. "Idioten."

"Auf die Zukunft!" meinte auch Hasekura und stieß grinsend mit Kaoru bei einer guten Tasse Tee an. Sie brauchten keinen Alkohol, immerhin tat der Stoff, der im Tee enthalten war, sein Übriges - und das mit weitaus besserer Wirkung.

Auf dem großen Vorplatzt vor dem wieder hergerichteten Senatsgebäude, war das Clean-T.E.A.M. bereits vollständig im Außendienst beschäftigt und reinigte den Platz von zerbrochenen Gläsern und Böllern der vorangegangen Feier. Zur selben Zeit wurde auch mit dem Erbauen des Schaffots begonnen - direkt in der Mitte des Platzes.
Man hatte um den Platz sogar hohe Tribünen für Zuschauer errichtet, da das Spektakel mehr Publikum anzog, als man es vermutet hatte. Händler, die das Geschäft des Jahres vor ihrem geistigen Auge sahen, liefen bereits an den Vampirmengen entlang und verkauften kleine Shots von starken Blutstropfen.
"Oh du Grundgütiger...ich hatte ja vieles erwartet von diesen Vampiren, aber dass sie so bestialische Sadisten sind, hätte ich mir im Traume nicht erlaubt zu denken. Möge Maria ihren Seelen gnädig sein!"; beschwerte sich Lady Fortescune, als der zweite Hunterwagen ebenfalls auf der Senatsplatte ankam. Jean zweifelte in diesem Moment stark daran, weshalb sie denn doch gleich überhaupt mitgekommen war.

Auch das Auto von Yoshiro und Yokai hatte bereits gehalten, direkt vor dem Schaffott, und Yokai konnte nicht umhin, als sich etwas amüsiert an Hamano zu wenden. "Gefällt dir das Schaffot? Und vor allem die Tribüne? Jetzt bekommst du die Aufmerksamkeit, die du vielleicht immer wolltest. Jeder wird dir zusehen..." Er nahm den letzten Schluck von seinem Sektglass, bevor er dann galant vom Autodach sprang und selbst einen kurzen Blick zu den Tribünen und der kleinen Bühne warf, die als Schaffott diente. Es war nicht lange her, seit er selbst hier Schmerzensschreie von sich gegeben hatte, und seit er genau hier fast den Tod gefunden hätte. Jetzt hatte sich das Blatt gewendet, doch ob es besser war, darüber ließe sich aus manch eines Vampires Sicht sicherlich streiten.