Kapitel 9: Die Sinfonie des Mordens, 5.Satz: Majestoso

Erstaunt hatte Vincent reagiert, als ihm so plötzlich die Sicht genommen wurde. Dann aber, als er die Stimme hörte, die ihm so sehr bekannt vorkam, begann aber breit zu grinsen. "Du bist also da?" fragte er und sein Grinsen wurde nur noch breiter. Es war schon so lange her, seit sie sich gesehen hatten! Für ihn kam es vor, als wären es Jahre gewesen, dabei mussten es sicherlich nicht einmal zwei Monate gewesen sein. "Willst du nun meine Augen loslassen, oder muss ich noch länger blind bleiben?" fragte er dann aber und spielte bewusst den Ungeduldigen. Nachdem er schneller erwachsen wurde als andere, war er mittlerweile auch schon in seiner Pubertät angekommen, was eine ausgesprochene Frechheit mit sich zog, die er an den Tag legte - egal bei wem.

"Bisher sind sie mir noch nicht unter die Augen gekommen, aber ich bin mir sicher dass die Shirotsuki-Geschwister und ihre Mutter noch etwas zu erledigen haben - ansonsten wäre die ehrenwerte Frau Reporterin doch schon längst hier? Zumindest würde es mir seltsam vorkommen, wenn sie noch keine Fotos geschossen hätte, nachdem wir hier schon alle in unseren besten Sachen angetreten sind." erwiderte Shion und legte dann aber seinen Arztkittel ab, da es ihm zu warm wurde.

Mit einem Mal konnte Vincent wieder sehen, da Ryouji seine Hände wieder weggenommen hatte. Vor Vincent lief gerade Matsuo vorbei, die ihn jedoch nicht beachtete, sondern eher eifersüchtig zu Emi zustapfte. Matsuo konnte diesen Anblick nicht ertragen wie Emi im Motorradanzug aussah.
"Kannst du dir mal was anderes anziehen? Oder ist das Absicht, dass du alle Blicke auf dich ziehen willst?!", kam es von Matsuo gleich mal zur Begrüßung zu Emi, obwohl sich die beiden eigentlich schon 2 Monate nicht mehr gesehen hatten. 
"Ist dir mein Busen etwa zu groß Schätzchen?! Wenigstens hab ich auch Holz vor der Hütte im Gegensatz zu dir du Brett!", entgegnete Emi nur scherzhaft, wobei sie Matsuo damit aber geradezu zum Kochen brachte.

Kaum hatte Shion ausgesprochen und kaum legte er den Arztkittel ab, konnte man auch schon ein verdächtiges, wiederholtes Klicken aus dem Gebüsch hören. Sakura verdrehte die Augen - offensichtlich hatten sie gar nicht gemerkt, dass sie eigentlich schon die ganze Zeit vor der Linse standen.

"Ah, hallo Frau Shirotsuki!" rief Shion hinüber und lächelte extra freundlich zu der Kamera hinüber. "Sie bräuchten sich nicht so zu verstecken, das ist Ihnen bewusst? Ich denke niemand von uns hat etwas gegen ein paar Fotos, zumal wir später sowieso alle abgelichtet werden - es spielt also eindeutig keine Rolle." Er sah zu dem Busch hinüber, wo er Yatsumi vermutete, auch wenn er bisher nur das Teleobjektiv der Kamera gesehen hatte, und nicht diejenige, der die Kamera auch gehörte.

"Es freut mich, dich zu sehen. Wie ist es dir auf der Erde ergangen?" fragte Vincent und grinste frech, da er nun Ryouji schon fast bis zum Hals reichte, mit seinen knapp 14 menschlichen Jahren, die er nun hatte. Zumindest sah er danach aus, auch wenn er erst wenige Monate alt war. Es war eben die Entwicklung der Dämonen, sie wurden relativ schnell erwachsen. "Aber siehst du? Ich werde schon fast so wie Papa." Stolz deutete er auf das paar kleiner Hörnchen, das er bekommen hatte, aber unter seinen Haaren noch kaum sichtbar war.

"Da sieht man dich mal ein paar Monate nicht und schon schießt du in die Höhe", beschwerte sich Ryouji scherzhaft. Wenn das so weitergehen würde, wäre Vincent bald größer als Ryouji - wenn nicht sogar noch größer als alle anderen, die heute im Garten noch auftauchen würden. "Och also mir ergings ganz gut....ich habe ein bisschen den Friedensvertrag gefestigt...", bemerkte Ryouji, während er sich umschaute, ob schon irgendwo Yokai lauerte.

Und tatsächlich war es Yatsumi die hinter der Kamera stand und in diesem Moment aus dem Gebüscht gestolpert kam. "Hehe da mögen sie durchaus Recht haben Hr. Hasekura! Aber das hängt wahrscheinlich davon ab WAS für Fotos ich von ihnen mache!", kicherte Yatsumi, wobei sie auch etwas rot wurde.
"Wenn ich da manche Fotos meiner Tochter anschaue, die sie beim Abschlussball geschossen hat.....da wird mir ganz heiß...", schweifte Yatsumi ab und schaute verträumt zu Kyo und Seiji. Als sie aber merkte, dass manche sie schon komisch anschauten, war sie wie vom Blitz getroffen und schoss eifrig weiter ihre Fotos, als sei nichts gewesen.

"Ich werde mal so groß wie Papa, das ist doch klar!" erwiderte Vincent und stand ein wenig auf die Zehenspitzen, damit er noch etwas größer wirkte, als er eh schon war. Aber viel würde wohl nicht mehr fehlen, bis er die Höhe seines Vaters erreicht hatte, und damit fast zwei Meter groß war - ziemlich groß für einen Dämon, wenn man es so sehen wollte. Dann aber sah er ebenfalls ein wenig in der Gegend herum. "Suchst du jemanden? Oder...versteckst du dich wieder vor jemandem?" fragte er und seine Augen blickten forschend in das Gesicht von Ryouji. Nun war er doch neugierig geworden, was in den letzten Monaten so vor sich gegangen war. Er hatte immerhin nur das mitbekommen, was man in der Hölle eben so besprach.

"Ich hoffe doch, das die Fotos auch von Anstand und Würde zeugen?" fragte Shion, der ein wenig die Augenbrauen gehoben hatte und in dem Moment auch seine Brille zurechtschob - etwas, was er gern tat wenn er sich über etwas wunderte, oder scharf am Nachdenken war. Dann aber verdrehte er nur etwas die Augen, als er hörte, wie Yatsumi über die Fotos sprach, die Yuiko geschossen hatte. Er wollte wohl wirklich keine weiteren Details erfahren.

"Oh glauben Sie mir!!! Ich könnte sie nackt und nur mit einer Kochschürze bekleidet fotografieren und sie würden immer noch eine ungeheure Würde und Gewandheit ausstrahlen. Bei mir sind sie in den richtigen Händen! Haben sie eigentlich auch schon mal über eine Modelkarriere nachgedacht? Sie haben so das gewisse Etwas fällt mir gerade auf!", schwärmte Yatsumi und schoss eifrig Fotos von Shion, während sie anderen nun außer Acht ließ.

"Ich schaue nur wo der Rest bleibt....vor allem die Shadakos. Es fehlen ja doch noch mehr als ich gedacht hatte....", erwiderte Ryouji und wollte Vincent in den Haaren wuscheln, dann bemerkte er aber wieder, dass Vincent nun schon nicht mehr ein kleines Kind wie Yuuji war, sondern Ryouji schon fast ebenbürtig war, was die Körpergröße anging.

"Wer sagt hier, dass die Shadakos noch fehlen? Hallo O-ji-sama!" mit einem frechen Grinsen war Amaya hinter Ryouji aufgetaucht, zusammen mit dem Rest ihrer Familie. Wie üblich versteckte sich Yuuji etwas hinter seinem Vater, als er Ryouji sah, doch der rollte nur mit den Augen. Yoshiro dagegen war ebenfalls hell erfreut seinen alten Freund wiederzusehen, doch wollte er ihn noch nicht stören, nachdem er merkte, dass dieser gerade noch in seine Konversation mit Vincent vertieft war. Takara dagegen störte dies nicht im Geringsten, sie rannte sofort auf ihren Bruder zu und zog ihn in eine enge Umarmung. "Ich hab dich vermisst, weißt du das?" Sie war eine ganze Weile mit Yoshiro im Urlaub gewesen, weshalb sie ihren Bruder für längere Zeit nicht mehr gesehen hatte.

"Siehst du, sie sind schon da." Auch Vincent lächelte, und nickte dann den Shadakos freundlich zu, als er diese erblickte. "Aber ich denke du hast noch eine Familie, die bei dir sein will? Ich komme später wieder, Mama ruft..." kurz sah er noch zu Ryouji, dann hatte er sich in Rauch aufgelöst.

Shion dagegen sonnte sich gerade zu im Licht der Kamera, wobei es ihm nun sogar zu gefallen schien, da er sich gleich mehrere Posen überlegt hatte, die er verwendete, um einen möglichst guten Eindruck zu machen. Mal ließ er sich mit Brille und Kittel abfotografieren, mal ohne Brille und mit Kittel, mal nur im Hemd...

"Bis später Vincent...", verabschiedete sich Ryouji noch gerade, als er plötzlich von Amayas freudiger Begrüßung aufgeschreckt und dann im Anschluss durch Takaras schwungvollen Ansturm beinahe umgefallen wäre. Noch etwas verwirrt, erwiderte Ryouji die Umarmung seiner Schwester und sah dabei lächelnd zu Yoshiro und Amaya. "Ich hab dich auch vermisst, Schwesterherz. Wie...", wollte Ryouji schon fragen, als sie alle unterbrochen wurden. Daran, dass sich die Miene von allen verfinsterte konnte Ryouji schon ahnen, welcher Gast wohl jetzt gekommen war.
"Wie schön - eine komplette Familienfeier und ich bin sogar auch eingeladen! Zu schön um wahr zu sein...wie gehts wie steht's Schwesterlein? Immer noch zufrieden mit deinem Ehemann?", fragte Hamano, während er um Ryouji und Takara herumtanzte und dabei alle breit grinsend ansah. Während alle Hamanos aufgesetzte Fröhlichkeit sofort durchschaut hatten, so konnte doch nur Hamano und die höllischen Bewohner die Ketten sehen, mit denen Hamano in Schach gehalten wurde, so dass er gar nicht erst auf dumme Ideen kommen würde.

Yatsumi schenkte Hamano keine Beachtung - stattdessen schoss sie eifrig und völlig begeistert weiter Fotos von Shion. Seine Posen ließen sie immer wieder kurze Jodler der Begeisterung singen, während über Shion ein gewaltiges Blitzlichgewitter tobte.

Als die Shadakos merkten, wie Hamano auftauchte, verdrehten sie nur die Augen. Wessen Wunsch war es überhaupt gewesen, dass er hierherkommen musste? Gut, Amaya hatte darauf bestanden, dass alle Familienmitglieder auf das Bild kamen, aber musste sie wirklich ihren Onkel ebenfalls miteinschließen? Oder war es lediglich ein Missverständnis zwischen ihr und Luzius gewesen? Aber selbst wenn, so war es nun doch zu spät. Hamano war schon hier, und würde ihnen den Tag vermiesen, wenn er nicht gleich wieder verschwand oder ihm jemand das Maul stopfte. Doch für den Moment machten alle die gute Miene zum bösen Spiel und ein jeder rang sich zu einem Lächeln durch, ohne jedoch Hamano zu grüßen oder gar mit ihm zu reden. Fürs Erste würden sie ihn einfach ignorieren.
"Sag, Ryouji, wie geht es dir?" fragte Takara, die ihren ältesten Bruder völlig ignorierte und sich stattdessen ihrem zweiten Bruder zuwandte, ebenso wie nun auch Yoshiro ein Gespräch mit Amaya begonnen hatte, bei dem sie die Aufstellung für das Foto planten, während Yokai sich um Yuuji kümmerte, der noch etwas Angst vor Ryouji und Hamano zu haben schien.

Shion dageggen genoss es völlig, wieder einmal dem Blitzlichtgewitter ausgesetzt zu sein, während seine Schwester, die ihn von der Ferne beobachtete, nur ein wenig augenrollend an ihrer Tasse Tee nippte.

Ryouji hatte Takara sofort durchschaut und spielt natürlich sofort mit. Wie der Rest tat er einfach so als sie Hamano gar nicht anwesend. "Bestens...nach dem was wir alle überstehen mussten in der Vergangenheit geht es mir besser als jemals zuvor", erklärte Ryouji. "Kumiko hat sich auch gut von allem erholt - sie braucht noch etwas Zeit, aber sie ist schon fast wieder die alte. Und Matsuo....naja meine Tochter wird sich wohl nie ändern!", scherzte Ryouji augenzwinkernd.
Matsuo merkte davon aber gar nichts - sie saß mit Stift und Papier auf der Treppe und schien an einem neuen Entwurf herumzukritzeln, wobei sie hin und wieder fluchte und ein weiterer Entwurf den Zerknülltod starb.
Hamano reagierte nicht gerade erfreut darüber und wollte Ryouji schlagen, doch hielten ihn die Ketten sicher zurück. Schnell erinnerte sich Hamano wieder an die Aufpasser und ließ es sein seinem Ärger freien Lauf zu lassen.

Ein leises Kichern war hinter Hamano zu hören, als ein paar gelb glühender Augen ihn so beobachtete, welches aber nur für ihn sichtbar war. "Gefallen dir die Ketten? Du wirst sie selbst auf dem Foto tragen, aber niemand wird es merken. Du bist allein mit deiner Gefangenschaft, ganz allein. Und glaub mir, du wirst sie bis ans Ende aller Zeiten tragen - oder eben so lange, wie deine Seele noch bestehen kann, bevor sie zu Energie zerfällt..." Luzius zuckte mit den Schultern. "Aber gut, wir werden ja sehen, wie du dich bis dahin schlägst."
"Das freut mich doch zu hören, dass es Kumiko so gut geht. Nun ja, du weißt ja, ich bin mit Yoshiro ein wenig durch die Lande gezogen, hier und da mal Urlaub gemacht, und eigentlich hat Amaya die Sache ziemlich gut geregelt bisher." Stolz legte sie einen Arm um die Schultern ihrer Tochter. Amaya schien wirklich den Dreh raus bekommen zu haben, was die Verwaltung des Reiches anging.

"Hört sich nach einem schönen Urlaub an! Da kann ich nur zustimmen...aber wir wussten es ja eigentlich schon damals als wir auf ihre Amtsperiode angestoßen haben, nicht wahr?", meinte Ryouji und zwinkerte Amaya zu. "Auch wenn die Zustände damals noch anders waren, hast du die Regierung wirklich gut durch all die Krisen geführt. Ich schäme mich jetzt noch dafür, dass ich selbst eine dieser Krisen war", meinte Ryouji und schaute beschämt zu Boden, so dass seine Augen von seinen Haaren verdeckt wurden.

Hamano schenkte Luzius nur ein gequältes Lächeln. "Danke, dass ich dafür auch noch erinnert werde....", entgegnete er sarkastisch, bevor er versuchte zu Matsuo zugehen, denn vielleicht würde wenigstens sie ihren ehemaligen Lieblingsonkel beachten.

"Ach, o-ji-san, du hast noch eine Gelegenheit deine Schuld wiedergutzumachen. Du könntest zum Beispiel der ehrenwerte Stifter eines neuen Inventars für die Hiya-Akademie werden? Oder du könntest natürlich etwas andere stiften, je nachdem, was dir beliebt. Wir finden sicher einen Weg, wie auch du noch deinen Teil beitragen kannst. "neckte ihn Amaya und hatte sich nun eng an ihn gelehnt, wobei sie nur etwas grinste.

"Na na, du bleibst hier." Als Luzius gemerkt hatte, dass Matsuo wohl die Einzige war, für die Hamano noch Gefühle hatte, nahm er nun die Ketten selbst in die Hand und hielt Hamano fest. "Mit wem du sprichst und mit wem nicht entscheide nur ich. Und ich finde, dass du das Mädchen in Ruhe lassen solltest...du siehst doch, dass sie beschäftigt ist? Und ja, ich erinnere dich gern daran, das ist doch meine Pflicht?"

Mit dem plötzlichen Druck der auf der Kette war, fiel Hamano zurück, kaum, dass Luzius die Kette in die Hand genommen hatte. Obwohl es jeder gesehen hatte, schien ihn aber trotzdem niemand wahrzunehmen. Sehr zu seiner Enttäuschung ignorierte ihn selbst Matsuo, als sie an ihm vorbeilief ohne dass sich auch nur ein Auge auf Hamano warf.
"Matsuo? Ich bin es!! Erinnerst du dich etwa schon nicht mehr an mich?"; rief Hamano laut, als Matsuo an ihm vorbeigelaufen war. Hamano schöpfte schon Hoffnung, als er sah, dass Matsuo stehen geblieben war. Sie drehte sich um und ging zu ihm, wobei sie ihn erst lange anstarrte. Dann kniete sich Matsuo aber zu Hamano herunter und schaute ihm emotionslos in die Augen. "Erinnerst du dich an den Mantel, den ich dir vor langer Zeit einmal geschenkt hatte O-ji-sama?", fragte sie ernst. Hamano war sofort überglücklich.
"Natürlich...soll ich ihn anziehen? Du musst nur dieses Monster da fragen ob ich darf!", erklärte Hamano und warf Luzius einen bösen Blick zu.
Matsuo räusperte sich, bevor sie weitersprach.
"Ich will ihn zurück haben...ich will nicht mehr, dass jemand Unwürdiges wie du soetwas stylisches besitzt! Ich verabscheue dich!"; sagte Matsuo Hamano direkt ins Gesicht, bevor sie dann wieder aufstand und endgültig im Schulgebäude verschwand um ihre Skizzen zu versorgen.
Fassungslos blickte Hamano ihr hinterher, bis er erneut zornig zu Luzius schaute. "Was hast du ihr eingeredet? War das eine Illusion? Gib es zu, dass du deine Finger im Spiel hast!!!"; zischte Hamano zornig.

"Wirklich?", fragte Ryouji, der nun schon gleich wieder munterer war, angesichts der Tatsache, dass ihm wohl auch Amaya einigermaßen vergeben hatte.

"Ich bin nicht der Typ, der Illusionen erzeugt. Dass du es überhaupt wagst, in solch einem Ton mit mir zu reden und mir solche Vorwürfe zu machen, sollte schon eine Strafe mit sich ziehen. Aber leider habe ich den Wunsch bekommen, dass auf dem Bild alle glücklich aussehen, also wird das wohl bis nach dem Foto warten müssen." erklärte Luzius wobei in seinem Blick eine gewisse Abscheu lag. "Sie hat von mir nichts gehört - es ist lediglich die natürliche Reaktion auf jemanden, der einen im Stich gelassen hat. Erinnerst du dich? Als sie dich am Meisten gebraucht hat, warst du nicht da. Wieso sollte sie dir noch vertrauen, wenn du ihr nicht vertraut hast? Wieso sollte sie Gefühle für dich haben, wenn du ein kaltes, emotionsloses Monster geworden bist? Das ist nicht meine Schuld, ich halte mich die meiste Zeit über aus solchen Dingen heraus." Sein Blick war ernst geworden, als er für kurze Zeit auf sein Handgelenk starrte, an dem man noch leichte Narben sah, welche von aufgescheuerten Handgelenken herrührten. Dann aber zog er Hamano nur an dessen Kette wieder hoch. "Ich wüsste nicht, dass ich dir erlaubt hätte, eine Pause zu machen." zischte er.

"Wirklich wirklich. Weißt du, ich hielt dich eigentlich für einen Idioten. Aber du hast gezeigt, dass du zur Versöhnung bereit bist, als du dich bei Yuuji entschuldigt hat, und das hat mir bewiesen, dass du doch mehr von Mum hast, als von unseren Ahnen...." erklärte Amaya mit einem Lächeln.

Gerade als Amaya die Ahnen ansprach, wurde Ryouji wieder etwas stiller. "Unser Urgroßvater hat die Villa wieder aufgebaut, aber unsere Urgroßoma wird wohl noch eine Weile im Koma liegen. Vielleicht ist es auch besser so...sie hat in der Vergangenheit schon genug Schaden angerichtet. Um ihre Pfauen kümmern sich jetzt Kaa-san und O-too-san", erzählte Ryouji wobei sich dabei seine Miene wieder aufhellte.

Hamano hörte Luzius gar nicht mehr zu, stattdessen lag er nur auf dem Boden und starrte trostlos in die Richtung in die Matsuo gegangen war. Gerade wollte er schon eine Träne vergießen, als er wieder unsanft aus seinem Selbstmitleid gerissen wurde, in dem Luzius ihn mithilfe der Kette wieder auf die Beine zog.

""Oh....das ist schade, dass es ihr noch so ergeht...aber ich bin froh, dass wenigstens Takuya-sama wieder alles ins Lot gebracht hat, und sich o-jii-san und o-baa-san darum kümmern..." meinte Amaya und grinste etwas beschämt. Sie hatte ihren Rauswurf aus der Familie noch immer nicht vergessen, welchen damals Ayumi eingeläutet hatte.

Unbarmherzig zog Luzius Hamano hinterher, und schickte dann die Dämonen wieder weg. Nun hatte er schon etwas Gefallen an dem kleinen Spielchen gefunden, da wollte er es auch in vollen Zügen auskosten. Und so ging er hin und zog umso kräftiger, nur darauf wartend, dass Hamanos Wille ganz brechen würde - denn das war sein eigentliches Ziel.

"Scheint so als würde sich jetzt endlich alles zum Guten entwickeln"; freute sich Ryouji. Allmählich kamen auch schon weitere Gäste an: Ysou und Yuiko, ebenso wie Azuma, der es mal wieder nicht hatte lassen können, so wenige Hemdsknöpfe zu schließen wie nur möglich. Auch Touya war nun da, der allerdings mal wieder aussah, als sei er in einer Wanne voller Farbe herumgerollt.
Kaum, dass Yuiko anwesend war und sie Kyo mit Seiji erblickte, konnte man laut und deutlich hören, dass sie nun da war.
"Na meine Turteltäubchen wie laufen die Flitterwochen? Och wenn ich nur daran denke, dass beim Abschlussball alles angefangen hat. Hihiihi", kicherte Yuiko vor sich hin, während sie gedanklich wilden Yaoi-Fantasien verfiel. Kyo und Seiji sahen sie nur verwirrt an. "Welche Flitterwochen? Wer hat geheiratet?", fragten sie fast gleichzeitig.

"Wohin gehen wir?", zischte Hamano, als er von Luzius so herumgezogen wurde, dass er fast jedesmal wieder gestolpert wäre.

"Wir gehen etwas zu den Leuten...es gibt noch genügend, die du noch kennen solltest, denen du das Leben zur Hölle gemacht hast...." schmunzelte Luzius und ging ein paar Schritte weiter, während er Ausschau nach den richtigen Personen hielt. Dann aber hatte er sie schon gefunden, und mit einem Lächeln blieb er neben Yoichi und Misaki stehen. "Erinnerst du dich? Du hast sie im Schlaf getötet....und später einen anderen dafür beschuldigt."

Als Yoichi merkte, wie jemand über ihn sprach, wandte er sich um, doch seine Augen weiteten sich überrascht, als er Hamano bemerkte. "Was tut er hier?!" zischte er und für einen kurzen Moment sah man ein zorniges Glühen in seinen Augen, vor allem als er dann an sich hinunterblickte - auf seiner Brust war ein riesiger Blutfleck, ebenso wie auf der Brust von Misaki.

Auf die verwirrte Frage von Seiji und Kyo begann Amaya nur zu lachen, da sie es mittlerweile verstanden hatte, was Yuiko meinte, auch wenn sie es etwtas seltsam fand. Aber gut, sie stand weniger auf Yaoi, meistens widmete sie sich doch einem anderen Genre. "Apropos Heiraten...dieses Kleid wäre auch für eine Hochzeit besser gewesen als für einen heißen Fototag..." jammerte sie, denn das Kleid, das sie trug, war ziemlich weitläufig und glich eben ganz dem Kleid einer Königin.

"Das war es wert....warum sollte ich auch alle Schuld auf mich laden!?" , entgegnete Hamano giftig und zog an der Kette, um Luzius wenigstens etwas Widerstand zu leisten, auch wenn es völlig nutzlos war. Dadurch, dass er nur noch eine wandelnde Seele war und keine Kräfte mehr hatte, war er nur noch ein Schatten seiner einstigen Stärke.

Während Yuiko nun schwärmend durch den Garten lief, wechselten Kyo und Seiji nur vielsagende Blicke. "Ich glaube jetzt ist sie völlig durchgedreht.....dabei war das doch nur einmal....", meinte Kyo. "Einmal als sie es gesehen hat...", fügte Seiji augenzwinkernd hinzu und musste kurz kichern. Ob es wohl in Ordnung war, dass sie hier überhaupt über "solche Sachen" sprachen?

"Das war es wert?" fragte Yoichi und für einen kurzen Moment konnte man sehen, wie der Zorn in ihm die Überhand nahm, bevor er sich dann aber etwas zusammenriss, und nur hinging, um Hamano eine schallende Ohrfeige zu geben, die von Luzius mit einem Schmunzeln kommentiert wurde.
"Das ist Mord, und dieses Mordes wurdest du eindeutig für schuldig befunden. Selbst mein nichtsnutziger Bruder würde dich verurteilen dafür." Er zuckte etwas mit den Schultern, während er dann aber zusah, wie Yoichi noch immer mit sich kämpfte. Als er dann aber merkte, wie Hamano an der Kette zerrte, wandte er seinen Blick um und überlegte kurz, bevor er so stark selbst zog, dass Hamano wohl zu Boden gehen würde. "Ich wüsste nicht, wann ich dir erlaubt hätte, Widerstand zu leisten." zischte er ärgerlich.

Amaya verdrehte nur etwas die Augen, als sie zumindest Teile des Gespräches zwischen Seiji und Kyo mitbekam, und wandte sich dann Hana und Sayoko zu, die gerade eben angekommen waren. Während Hana sich eher luftiger angezogen hatte und in einem leichten Rock mit Bluse herumlief, war Sayoko wie immer geblieben und war ganz in schwarz mit ihrem Gothic-Kleid unterwegs, was aber Amaya ein leichtes Grinsen entlockte.
"Ist dir nicht heiß?" fragte sie, als sie die zwei erblickte, und erst einmal beide umarmte.

"Muss ich jetzt etwa schon für alles um Erlaubnis betteln?", fauchte Hamano, dem das ganze Theater hier immer mehr gehörig auf den Keks ging. Am liebsten hätte er Amaya, für dieses Vorführen vor der versammelten Elite des Staates, den Hals umgedreht. Aber dazu musste erstmal diese Ketten und den um einiges nervigereren Luzius persönlich los werden. Und dafür standen die Karten schlechter, als sie überhaupt stehen könnten - es war mit hunderprozentiger Wahrscheinlichkeit unmöglich.

"Meine Güte ist das heiß hier...", jammerte Azuma und knöpfte noch die letzten Knöpfe seines Hemdes auf, sodass ihn jeder nun bewundern konnte. Zumindest erwartete Azuma das wie gewohnt. Und wie gewohnt wurden seine Hoffnungen bitter enttäuscht - niemand schenkte ihm auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit. Im Gegenteil: Yuiko fragte sich einmal mehr, was Azuma hier überhaupt zu suchen hatte. Er war schließlich als Einziger durch die Prüfungen geflogen und würde nun von vorne beginnen müssen.

"Das war eigentlich von vornherein klar, dass du für alles eine Erlaubnis bräuchtest? Du solltest dir bewusst werden, Hamano Taiki, wer im Moment die Ketten in der Hand hält, und wer mit ihnen gefesselt ist. Es macht einen wesentlichen Statusunterschied, denkst du nicht?" Wieder ein Schmunzeln von Luzius, dem das Ganze immer besser zu gefallen schien. Vor allem als er merkte, dass er wohl doch noch eine kleine Beschäftigung gefunden hatte, die nun darin lag, Hamanos Willen zu brechen.

"Oh Gott, Leute...schaut einfach weg, ja? am Besten wir gehen ganz weit weg...dann müssen wir Azumas Brustkorb nicht sehen..." Hana verzog ziemlich das Gesicht, als sie merkte, wie der Schüler sich schon wieder aufspielte. Er war der Einzige, der die Prüfungen nicht bestanden hatte, und doch benahm er sich, als wäre er ein Meisterschüler. "Ich glaub ich muss kotzen..." kommentierte sie deshalb den Anblick, und ihre beiden Freundinnen stimmten mit einem Nicken zu.

"Zieh dir was an, meine Güte!"; konnte man Emi rufen hören und gleich im nächsten Moment landete ein Norwegerpullover in Azumas Gesicht. "Nicht dass du nochmal in Versuchung gerätst", erklärte Emi und stülpte Azuma den Pullover mit Gewalt über, auch wenn Azuma versuchte Widerstand zu leisten.
"Na bitte....gleich um Welten ansehnlicher!", lachte Emi, nachdem Azuma nun den dicken Pullover trug und in der Hitze fast umfiel. Dafür waren sie jetzt alle verschont von seinen Freikörperkulturattacken.

"Schade...gerade wenn ich eine neue Idee für meine neue Fanfic habe...", seufzte Yuiko, die sofort zu Stift und Papier gegriffen hatte, kaum dass Azuma sein Hemd aufgeknöpft hatte. "Emi was musst du auch immer meine Muse und Inspiratione zerstören! Du wirst noch dafür sorgen, dass meine Zukunft als Schreiberin ein tragisches Ende nimmt!"; jammerte Yuiko und tat schon so als würde dieser Vorfall das Ende ihrer Karriere sein.
"Ich will nur verhindern, dass du noch damit anfängst über ein Pairing aus Kyo und Azuma zu schreiben! Da wäre nicht nur ich sauer, sondern vor Seiji dürftest du dich auch in Acht nehmen!!!"; entgegnete Emi.

"Oh, ich glaube wir können wieder hinsehen..." kicherte Sayoko, als sie mitbekommen hatte, wie Emi Azuma den Pullover übergezogen hatte, und die drei Mädchen wandten sich gemeinsam wieder um, wobei Amaya nicht umhin konnte, als laut loszuprusten als sie bemerkte, wie Azuma nun aussah. "Wie ein begossener Pudel, wenn ihr mich fragt..." lästerte sie leise, und auch die anderen beiden verzogen das Gesicht zu einem sichtlich hämischen Grinsen, bevor sie dann aber wieder so taten, als wäre nichts gewesen, während sie unschuldig vor sich hinlächelten. Man musste als Senatsvorsitzende ja Haltung bewahren.

Derweil hatte sich Luzius auf einem Stuhl niedergelassen, wobei er gerade am Überlegen war, ob er nun Hamano als Fußschemel benutzen sollte. Nebenbei hatte er sich einen Cocktail gemacht und trank nun genüsslich die eisgekühlte Flüssigkeit, während ein schwebender Fächer ihm kühle Luft zuwedelte. Wie sollte man nur diese Hitze sonst überstehen?