Kapitel 1 - Eine ungewollte Hochzeit

Erst jetzt bemerkte Yuka, dass sie in ihrer Wut beinahe Jurias wahre Identität verraten hätte. Hätte sie sich verraten, wären sicherlich Fragen gestellt worden, die nur allzu unangenehm gewesen wären.
"Oh verzeiht bitte vielmals....ich hätte nunmal niemals gedacht, dass auch solche niedriger Adel wie die Mayaku es sind hier eingeladen ist.....", erklärte Yuka und tat alles als ein Missverständnis ab. "Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ihr bei der Verteilung eurer Einladungen derart großzügig seid...man sagt sich nun mal nicht viel Gutes über die Mayakus - daher dachte ich wohl, dass sie hier nichts zu suchen haben!", erklärte Yuka wobei sie dabei hin und wieder zu Chiaki schielte, die gerade eben ein vergnügtes Gespräch mit Ichimonji führte.

Rasch rannte Juria die Straße hinunter, bis sie endlich in einer Menge gewöhnlicher C-Vampire sich zu verstecken hoffte. Sie hoffte darauf, dass Ichiru es nicht wagen würde, alle C-Vampire zu kontrollieren und auf sie zu hetzen. Zumindest nicht an einem Ort wie diesem: der ehrwürdigen Senatsstadt Iatsu.

"Nun, wie Sie sehen, habe ich die Familie Mayaku eingeladen. Zwar hatte ich nicht damit gerechnet, dass Juria und Nozomi uns mit ihrem Besuch beehren würden, aber ich war dennoch positiv überrascht, dass das Ehepaar uns zu unserer Hochzeit gratuliert hat." erklärte Takara und erntete dafür einen ziemlich verwirrten Blick seitens ihres neuen Ehemannes, der wohl nicht damit gerechnet hatte, dass seine Frau auch so reagieren konnte, aber gut, er kannte sie nicht wirklich, und deshalb konnte er sie wohl auch etwas schlecht einschätzen. Aber auch er war wirklich überrascht, dass sie die Mayakus eingeladen hatte, denn er hatte es nicht getan. Er hätte höchstens Chiaki eingeladen, aber auch nur, weil er wusste dass sie sich gerne mit Ichimonji unterhielt und es offensichtlich zwischen den beiden auch schon leicht gefunkt hatte - ansonsten würden sie sich wohl nicht so oft unterhalten und auch nicht bei jeder Gelegenheit zusammen sein. "Aber gut, gibt es sonst noch irgendetwas, was ich wissen sollte von Ihrer Seite?" fragte Takara und klang nun etwas beiläufig, aber auch leicht genervt von Yuka.

Yokai dagegen hatte nur leicht den Kopf geschüttelt und hatte nun doch noch den Saal verlassen, um sich auf die Suche nach Juria zu machen, immerhin war er ein wenig besorgt, dass sie vielleicht eine leichte Dummheit begehen konnte.

"Nein, nein....", antwortete Yuka schnell und entschlossen, da sie durchaus herausgehört hatte, das man sie hier schon wieder als Ärgernis empfand. Eine Tatsache, die Yuka bereits seit Kindheitstagen verfolgte und was sie zutiefst verabscheute. Warum konnte nun mal niemand einsehen, dass auch einmal ihre Meinung zu zählen hatte?

"Sumimasen..sumimasen.....oooh...gomenasai..", entschuldigte sich Juria immer wieder, als sie sich durch die Vampirmenge auf dem Marktplatz durchkämpfte. Dabei stieg in ihr Panik auf, da sie sicher spüren konnte, dass Ichiru in der Nähe war. Plötzlich konnte sie spüren, wie ihre Hand von einer grauenvoll kalten Hand ergriffen wurde, bei der man normalerweise gedacht hätte, dass sie einem Toten gehört hätte. Erschrocken fuhr Juria herum und sah direkt in die eisblauen Augen Ichirus, der sie mit einem schadenfreudigen Grinsen ansah. "Hallo Juria...scheint mir wir haben uns lange nicht mehr unterhalten!"

"Nun gut. Ich wäre froh, wenn ich nun in Ruhe mit meinem Mann weitertanzen könnte. Ich hoffe es macht Ihnen keine Umstände wenn Sie sich nun bitte wider zurück an Ihren Platz begeben, ja?" fragte Takara und ihre Züge hatten dabei etwas Kaltes angenommen, als sie so zu Yuka sprach. Sicherlich, die Tochter Shinjis war eine Reinblüterin, noch dazu eine ziemlich alte, aber das war ihre Hochzeit, und der Tag, der für sie sowieso schon schlimm genug war, wollte sie sich nicht noch mehr verderben lassen. Immerhin hatte es an diesem Tag schon genug Ereignisse gegeben, die dafür gesorgt hatten, dass ihre Laune stetig gefallen war - und die Tatsache, dass sie heute hatte heiraten müssen, machte allein schon einiges aus.

Ein wenig gehetzt suchte Yokai nach einem Weg, um Juria zu finden, doch langsam würde es für ihn ziemlich schwer, da die Stadt heute mit Leuten gefüllt war, die wohl alle noch darauf feierten, dass man nun eine neue Frau des Senatsvorsitzenden - also so etwas wie eine Königin - hätte, und dass damit die Chance für einen Thronnachfolger ziemlich hoch sei, immerhin gab es viele, die die Shadako-Regierung hoch vertritten, und auch wenn im Moment noch Amura auf dem Thron saß und dieser auch drei Nachfolger hatte, so konnte man doch niemals gewiss sein. Noch dazu gab es auch viele, die Yokai für unfähig hielten - unter anderem auch er selbst - und wohl lieber Yoshiro auf dem Thron sehen würden. Und durch Takara hatten sie wohl nun ein schlagkräftiges Argument gefunden.

"Sehr wohl......", verabschiedete sich Yuka und machte auf dem Absatz kehrt. Sie kehrte zu ihren Freunden zurück, die ebenfalls anwesend waren: darunter einige Senatoren und Stars, wie zum Beispiel der Richter Kowoga und einige bekannte Schauspieler. Mit dem rachsüchtigen Blick einer Schlange sah Yuka zurück zu Takara, als die Musik weiterspielte und der Tanz fortgesetzt wurde.

"Lass mich los...!", kreischte Juria und wurde beinahe hysterisch, als sie Ichiru in die Augen sah. "Lass mich los, du Ekel!!! Ich bin immer noch deine Schwester!", schrie sie ihn an, doch packte Ichiru sie nun und hielt ihr den Mund zu. "Sie still - dann tu ich dir auch nichts! Verschwinde einfach, klar? Du machst Schwierigkeiten, die nicht sein müssten!"

Takara war mittlerweile wieder dazu übergegangen, mit Yoshiro zu tanzen auch wenn zwischen den beiden eine gewisse Funkstille herrschte, immerhin schien auch Yoshiro alles andere als begeistert von der Hochzeit. Sicherlich hätte er viel lieber die Gelegenheit dazu gehabt, sein Leben zu leben und die Dinge einfach so geschehen zu lassen, wie er wollte. Stattdessen würde er jetzt jedoch größere Chancen haben, auf den Thron zu kommen - doch ob er das wollte, konnte er selbst nicht sagen. Er war eben noch jung, und sein Bruder war eigentlich dazu auserkoren, den Staat einmal zu führen, so war eben die Erbfolge bestimmt worden. Und ehrlich gesagt wäre Yoshiro auch mit de Posten des Vize-Vorsitzenden mehr als nur zufrieden, denn er war sich nicht sicher, ob er wirklich mit Macht umgehen konnte. Außerdem würde er am Ende nur Fehler machen, und wer war dann da, um ihn zu retten und die Schuld selbst auf sich zu nehmen? Früher hatte es immer wieder Yokai getan, und ehrlich gesagt war Yoshiro ihm mehr als nur dankbar dafür, auch wenn sein Bruder bisher niemals irgendeine Art von Dank gewollt hatte.

"Das glaub ich dir in hundert Jahren nicht!", meinte Juria, was man jedoch durch Ichirus Hand nicht hören konnte. "Was fällt dir überhaupt ein zu dieser Hochzeit zu kommen? Ich könnte dich jetzt sofort vereisen und glaub mir ich hätte auch die Lust dazu!", zischte Ichiru, der bei sämtlichen umstehenden Vampiren die Kontrolle übernomme hatte, sodass er ihr Gedächtnis löschen konnte.

"Wann ist dieses elendige Fest nur endlich vorbei.....", jammerte Yuka und leerte ein Sektglas nach dem anderen. Dass es sich dabei um eine teure Marke aus Europa handelte, interessierte sie gar nicht erst. Im Gegenteil: Sie hielt es für selbstverständlich!!!

"Entschuldigen Sie vielmals..." hinter Ichiru war Yokai aufgetaucht. "Ich würde Sie bitten, diese Dame loszulassen. Ich mische mich zwar nur ungern in Familienangelegenheiten mit ein, aber ich wäre Ihnen doch sehr verbunden, wenn Sie Ihre Streitigkeiten zu einem anderen Zeitpunkt, einem anderen Ort und einer anderen Form austragen könnten. Noch dazu steht diese Dame unter meinem persönlichen Schutz und ich verbitte mir, dass Sie ihr auch nur ein Haar krümmen." Zwar war Yokai deutlich jünger als Ichiru und damit auch weitaus schwächer, aber er hatte eben den Vorteil, dass er der Sohn des Senatsvorsitzenden war und dass er noch dazu eine politische Macht besaß, die Ichiru als Sohn der Aritomo-Familie nicht aufweisen konnte, denn im Moment standen die Taikis an zweiter Stelle bei den Reinblüterfamilien, auf dem vierten Platz folgten die Maakas und das Schlusslicht bildeten die Matsuris , da Haru, der einzige überlebende Vertreter, auch ein halber Shadako war, war er doch adoptiert worden.

"Ich wüsste nicht, was das euch angeht!", fauchte Ichiru und sah Yokai nur mit einem tötenden Blick an. Juria dagegen hatte angsterfüllt die Augen aufgerissen, da sie Angst hatte, dass Ichiru Yokai etwas antun könnte. "Ich wüsste nicht, seit wann sie sich für eine Dame einsetzen, die sie gerade einmal für 10 Minuten Tanzen kennen!", entgegnete Ichiru, ließ aber nun zumindest Juria wieder los, sodass sie wieder sprechen konnte.

"Ichiru-san! Sie haben gehört, was dieser Gentleman gesagt hat...also dürfte ich wohl bitten?", bemerkte Juria und schritt an Ichiru vorbei. Dabei hatte sie darauf geachtet, Ichiru bloß nicht mit "Du" anzusprechen, da es nur unnötig Schwierigkeiten geben würde.

"Gibt es denn irgendetwas, was dagegen spricht? Im Gegensatz zu euch besitze ich wohl noch ein Fünkchen Menschlichkeit!" erwiderte Yokai und klang nun ziemlich gereizt. "Ich würde es an eurer Stelle als Aritomo nicht versuchen, es sich mit einem Shadako zu verscherzen. Ich mag zwar jünger sein als ihr, aber ich habe den Vorteil, der Thronfolger in dieser Familie zu sein. Selbst wenn ihr der Urahn der Aritomo-Familie wärt so hättet ihr dennoch keine Macht über mich. Obwohl, nein, das habt ihr schon jetzt nicht also tut mir den kleinen Gefallen und verschwindet hier, bevor ich es mir anders überlege und euch noch wegen Belästigung und Beleidigung eines Mitgliedes der Herrscherfamilie anklagen lasse." Für einen kurzen Moment fixierten seine tiefroten Augen Ichiru voller Zorn, bevor er sich dann zu Juria umwandte. "Wollen wir zurückkehren? Ich bin sicher dass mein Bruder und dessen Frau erfreut sein werden, wenn Sie noch eine Weile dableiben."

Ichiru sagte nichts mehr für eine Weile, sondern sah Yokai nur noch mit vor Zorn angespanntem Gesicht an. Für Ichiru war es äußerst schwer sich zu zurückzuhalten : am liebsten hätte er diesen jungen Shadako bei lebendigem Leib in tausend Fetzen zerrissen. "Wenn ihr Shadakos alle so seid wie ihr, wundert es mich nicht, dass es zu einem Bürgerkrieg kommen konnte!", meinte Ichiru zynisch und schwieg dann wieder.

"Lassen Sie es bitte einfach...lassen Sie uns besser zurückgehen...", meinte Juria und hängte sich am Arm von Yokai ein. "Der nächste Tanz wartet sicher schon auf Sie!", meinte sie und war froh darüber wenigstens von einer Person vor ihrem Bruder beschützt zu werden.
"Das wird er eines Tage noch büßen mich bloßzustellen!", zischte Ichiru erzürnt, als er zusah wie Juria mit Yokai zur Hochzeit zurückkehrten. Um seiner Wut Platz zu machen, befahl Ichiru willkürlich einem Liebespaar, dass er unter seine Kontrolle gestellt hatte sich gegenseitig umzubringen, bevor er den Rest der kontrollierten Vampire wieder sich selbst überließ.

"Verfluchter Aritomo-Schnösel!" erzürnte sich Yokai über Ichiru während er sich mit Juria wieder auf den Weg zurück machte. Er hatte eigentlich noch vorgehabt, Ichiru einige Bosheiten an den Kopf zu werfen, doch als er Jurias Flehen gehört hatte, hatte er sich doch umgewandt und war doch mit ihr zurückgegangen. "Es grenzt wohl wirklich an Beleidigung, unsere Familie auf diese Weise bloßzustellen! Sollte er jemals so etwas während meiner Herrschaft sagen würde ich ihn eigenhändig dafür kreuzigen! Dass er es überhaupt wagt mich so bloßzustellen vor dem gesamten Volk!" Sicherlich, Yokai war nicht der Typ, der so scharf auf den Posten des Vorsitzenden war, doch im Moment erschien es ihm ganz gut, denn dann hätte er wohl die Gelegenheit sich an jenen zu rächen, die im Moment jeglichen Respekt gegenüber ihm vermissen ließen.

"Glauben Sie mir, das Volk hat davon nichts mitbekommen!", erklärte Juria, der Ichirus Methoden schmerzhaft bewusst waren. "Und wenn doch, dürften die das jetzt bereits vergessen haben", meinte Juria, als sie nach hinten schielte und bemerkte, dass sich die Leute wieder ganz normal bewegten, ohne ein gemeinsames Ziel zu haben.

"Haben Sie das eigentlich ernst gemeint, dass ich unter ihrem Schutz stehen würde? Ich meine,damit würden Sie sich doch sicherlich unbeliebt bei ihren Großeltern machen, oder nicht?", fragte Juria ihre Begleitung, als sie wieder zum Haus der Hochzeit gingen. "Von dem was ich mitbekommen habe bin ich ja nicht gerade gern gesehen als niedere Adlige....sie riskieren gerade Kopf und Kragen, ist Ihnen das denn bewusst?"

"Hm...wenigstens eine gute Sache..." erwiderte Yokai leise auf Jurias Worte hin, bevor er dann jedoch leicht stutzte, als sie ihn nach dem Ernst seiner Worte fragte. Kurz blickte er sich zu ihr um, bevor er dann etwas bitter zu lachen begann. "Meinen Sie etwa Hakuna-sama? Oh, bitte...sicherlich wird er wütend sein, aber noch viel wütender als er sowieso schon ist, kann er nicht werden. Also kann es mir eigentlich redlich egal sein, ob ich nun Kopf und Kragen riskiere oder nicht. Ich habe mich schon längst unbeliebt in meiner Familie gemacht, ich bin sozusagen das schwarze Schaf. Ich halte mich nicht immer an die Etikette, ich sehe nicht gerade aus wie ein typischer Shadako, im Gegenteil, ich habe die Augen eines Level-E, ich kann mich nicht beherrschen und ich bin alles andere als erfreut, einmal Vorsitzender des Senats werden zu müssen. Es könnte also nicht mehr viel schlimmer kommen. Und ehrlich gesagt ist es mir egal was Vater und die anderen davon halten." Seine Miene war ernst geworden, und auch wenn ein wenig Bitterkeit darin mitschwang, so ließ Yokai es sich dennoch nicht anmerken.

"Soso...na dann kann Sie ja nichts mehr davon abhalten das Tanzbein zu schwingen...und keine Widerrede, denn Sie haben sich soeben jeglicher Argumente dagegen entledigt!", meinte Juria übererfreut. Man konnte ihre Freude geradezu förmlich aus ihrer Stimme heraushören, schließlich kümmerte sich hier mal wieder jemand um sie.

"Verzeih mir Yuka-chan.....Yokai ist dazwischen gekommen und hat mal wieder alles vermasselt! Sie kommen zurück", teilte Ichiru seiner Schwester per Gedanken mit, wobei diese sich fast an ihrem Drink verschluckte, als sie die Gedanken hörte.

"Na, ob das so eine gute Idee ist?" fragte Yokai und musste etwas kichern. "Ich habe es nicht so mit dem Tanzen. Nicht, dass es mir keinen Spaß machen würde, aber mir scheint das gewisse Talent dafür zu fehlen. Zumal ich mich auch noch vor jedem mir eigentlich befehligten Tanzkurs gedrückt habe und stattdessen beim Klavier- oder Gesangsunterricht war..." Ein wenig hatte er zu grinsen begonnen, und er musste sich eingestehen, dass er wirklich gut mit Juria klarkam, zumindest schien sie keinerlei Vorteile gegenüber ihm zu haben, und noch dazu war sie auch nicht jemand, der ihn wegen seiner Äußerlichkeiten verurteilte. Im Gegenteil, sie schien ihm gerade noch helfen zu wollen, auch wenn er sich nicht erklären konnte, welchen Grund sie ausgerechnet dazu hatte, da er eigentlich nichts getan hätte, wodurch er ihre Anerkennung verdient hätte oder gar ihre Hilfe. Jedoch schien sie in dieser Hinsicht anderer Meinung zu sein, und wenn er ehrlich war, dann war er auch ganz froh darüber, dass sie offensichtlich keinen Grund brauchte, um jemandem zu helfen, weshalb er letztendlich nur nickte und mit ihr zurück in Richtung Palast ging.

"Sie haben es nicht so mit dem Tanzen? Nanananana...ich habe vorhin persönlich mit Ihnen das Tanzbein geschwungen und auf mich haben Sie nicht gerade den Eindruck gemacht, als könnten sie nicht tanzen....geschweige denn Sie hätten es nicht so damit! Aber wenn Sie lieber Klavierspielen wollen.....ich meine im Saal ein Klavier gesehen zu haben. Wieso spielen Sie nicht zum Tanz auf? Oder ein kleines Intermezzo? Die Braut und ganz besonders ihre vom Tanzen geschundenen Füße würde sich über eine kleine Pause sicherlich freuen, das können Sie mir glauben, Herr Shadako!", textete Juria Yokai zu, während sie den Weg zurück zum Tanzsaal liefen. Sie würde es kaum erwarten können Yukas Gesicht zu sehen, geschweige denn das von den ersten drei Shadakogeschwistern, wenn sie mit Yokai wieder aufkreuzen würde.

"Wissen Sie? So wie sie es gerade geschildert haben, glaube ich haben wir beide eine große Gemeinsamkeit: Wir haben geradezu ein Talent dafür mit anderen und ganz besonders mit unseren Eltern in Schwierigkeiten zu geraten", bemerkte Juria mit einem Lächeln.

"Na sicherlich kann ich tanzen, das ist in unserer Familie schon Pflicht, aber ich kann es eben nicht so gut als dass ich da mit Ihnen mithalten könnte." erwiderte Yokai mit einem gewitzten Lächeln. Mittlerweile fand er Juria wirklich sympathisch und vor allem hatte auch er schon unlängst bemerkt, dass sie viele Gemeinsamkeiten hatten, was ihr soziales Umfeld anbetraf. "Naja, mal sehen ob ich nachher noch ein Konzert zum Besten gebe. Ich bin mir sicher, dass Takara erfreut wäre, aber die Frage ist eben ob das Orchester vorhat, mich an den Flügel zu lassen, der im Tanzsaal aufgebaut ist. Aber Sie haben Recht, es gibt vieles, was uns verbindet. Aber die Welt braucht eben auch ihre schwarzen Schafe, und so gesehen bin ich sogar ganz froh, dass ich mich nicht immer an die Etikette halte und mich in irgendwelche Muster zwingen lasse, die mich letzten Endes nur wahnsinnig machten. Ich liege lieber mit meinem Vater im Streit, als dass ich mich stets seinem Willen beuge und letzten Endes keine Freude mehr am Leben hätte."

"Na was reden Sie denn da? Ich habe noch nie eine Tanzschule von innen gesehen..." kicherte Juria, als sie Yokais Antwort hörte. "Glauben Sie mir, wenn sie Takara darum bitten etwas auf dem Flügel vorspielen zu dürfen, haben diese Pappnasen aus dem Orchester nichts mehr zu melden, da können Sie Gift draufnehmen, Herr Shadako!"

"Oh glaube mir ich würde dir am liebsten den Hals umdrehen....", dachte sich Ichiru und knirschte mit den Zähnen. Plötzlich hörte er eine Stimme hinter sich, die ihm gerade noch gefehlt hatte.

"Nun, dann werde ich das wohl tun, was?" meinte Yokai und lächelte ein wenig. In Gegenwart Jurias fühlte er sich wie neu geboren, gerade so, als gäbe es weder seinen Vater, noch die drei Ahnen der Familie, oder all die anderen Probleme, die ihm das Leben schwer machten. Er war vorrausgegangen und hielt nun Juria die Tür zum Tanzsaal auf, damit sie eintreten konnte, während er in der Menge der Tanzenden schon nach Takara Ausschau hielt, doch wie es schien, brauchte diese eine Auszeit, denn sie hatte sich gerade an ihrem Tisch etwas zu Trinken geholt, während ihr frischgebackener Mann energisch mit dem Vater diskutierte. Und Yokai konnte sich schon denken, um was es ging, denn für Amura gab es kein Detail an diesem Fest, an dem er nicht etwas auszusetzen gehabt hätte. Deswegen war Yokai auch froh, dass die Feier von seiner Mutter organisiert worden war, denn hätte sein Vater die Leitung übernommen, wäre wohl alles im Chaos versunken. Kurz wartete Yokai noch, bis Juria durch die Tür getreten war, dann wandte er sich wieder ihr zu. "Nun denn...Entschuldigen Sie mich kurz? Ich werde sogleich wieder zur Stelle sein." Leicht verneigte er sich noch vor ihr, bevor er sich dann auf den Weg zu Takara machte.

"Nur zu...", erwiderte Juria und erleichterte einen der Bediensteten um ein Sektglas. Juria konnte den ungläubigen und mordlüsternen Blick Yukas förmlich spüren. Kaum hatte Sie den Saal mit Yokai wieder betreten, spürte sie wieder die kopfschmerzenbereitende Präsenz der verschiedenen Reinblüter in ihrem Kopf, allen voran Yuka, die sich einen Spaß daraus machte, Jurias Erinnerungen zu durchkämmen.
"So schäkern wir mit der Herrscherfamilie wie?", lachte Yuka vorwurfsvoll in den Gedanken von Juria und bereitete ihr allein durch ihre Anwesenheit Kopfschmerzen.

"Entschuldigen Sie, dürfte ich Sie um einen Gefallen bitten?" fragte Yokai und verneigte sich leicht vor Takara. Er war neben sie an die Sektbar getreten und schenkte sich nun sofort ein Glas Hochprozentiges ein, welches er in einem Zug hinunterkippte.
Verwundert hatte sich Takara zu Yokai umgewandt, begann dann aber zu lächeln. "Was gibt es?" fragte sie und sah ihm dabei zu, wie er sein Schnapsglas ohne abzusetzen leerte. Als er ihr dann jedoch erzählte, dass er ihr gerne einen Tanz zur Hochzeit spielen würde, und auch ein wenig für Abwechslung sorgen wollte, um die Musiker zu entlasten - damit diese auch eine Pause hätten - musste sie nur leicht kichern, nickte dann aber lächelnd und stellte ihr Sektglas ab um zur Bühne zu gehen. Gerade als wieder ein Stück geendet hatte, wandte sie sich kurz an den Dirigenten des Senatsorchesters, welchem sie ihre Situation erklärte. Offensichtlich war auch er erfreut über den Vorschlag Yokais, weshalb die Musiker schon nach weiteren fünf Minuten von der Bühne verschwunden waren, und sich Yokai dankbar an den Flügel setzte. Er brauchte kaum Noten, die meisten der Stücke, die er spielte, waren entweder selbst komponiert oder auswendig gelernt.

Juria hatte beschlossen die Blicke Yukas für den Rest des Abens so gut es ging zu ignorieren und sich stattdessen mit den anderen adligen Gästen zu unterhalten. Vor allem aber freute sie sich darüber, dass Yokai ihren Vorschlag in die Tat umgesetzt hatte. "Na bitte...ich hatte es ja schon geahnt, dass die Braut soetwas nicht abschlagen würde!", murmelte sie mehr zu sich selbst als zu den anderen und schnappte sich ein Sektglas, als sie an einer der Bedienungen vorbeischritt um Yokai möglichst gut hören zu können.

Gleichzeitig betrat nun auch Ichiru wieder den Raum und nahm ebenfalls erstmal ein Sektglas um den Ärger in sich hinunterzuspülen. "Tut mir leid, Schatz...es hat einfach nicht geklappt...aber nächstes Mal sicher!", entschuldigte sich Ichiru bei seiner älteren Schwester, die darüber alles andere als amused war.

Yokai dagegen hatte sich nun vorsichtig zur Menge gewandt und nachdem es im Saal still geworden war, begann er noch ein paar Worte zu sprechen: "Ein Musiker, den ich gut kannte, hat einmal behauptet, dass die Musik mehr aussagen könne als tausend Worte. Nun, ich bin kein großer Redner, weshalb dieses Zitat mich doch umso mehr anspricht. Ich möchte auch jetzt keine großen Reden schwingen. Vielmehr will ich meine Glückwünsche an das Brautpaar durch dieses kleine Werk zum Ausdruck bringen, denn wo Worte nicht ausreichen, um Gefühle zu beschreiben, da muss man zu anderen Mitteln greifen. Ich hoffe, dass auch Sie, verehrte Gäste, dieses Werk genießen können, aber vor allem hoffe ich, dass das Brautpaar Gefallen daran finden wird." Ein leichtes Lächeln streifte noch Yoshiro und Takara, bevor Yokai sich wieder umwandte und vorsichtig die Finger auf die blank polierten Tasten legte, bevor er zu spielen begann. Es war offensichtlich, dass sein Werk an eine romantische Etüde angelehnt war, doch enthielt es auch Züge der Klassik und des Barock, weshalb man es nicht direkt in eine Epoche einordnen konnte. Jedoch konnte man erkennen, dass vor allem Freude und Jubilation in seiner Musik steckten. Was man jedoch letztendlich heraushören konnte und was nicht, interessierte Yokai nicht. Sein Ziel war es einfach nur, ohne große und vor allem leere Worte, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen.

Kaum hatte Yokai zu spielen begonnen, verließ Ryouji fluchtartig den Raum, dicht gefolgt von Yuka, die dem jungen Mann hinterhereilte. Kumiko und erst recht Ayumi und Takuya sahen ihrem Nachwuchs äußerst verwirrt hinterher. Erst recht wunderten sie sich darüber, was Ryouji mit Yuka zu tun hatte.

Jurai dagegen genoss das Klavierspiel das mal etwas Abwechslung in die endlose Aneinanderreihung von noch endloseren Walzerstücken brachte und zudem auch die müden Tanzfüße schonte. "Wozu nur diese falsche Scham, wenn es darum geht, sein Können zu zeigen....wieso nur dieser starke Pessimissmus....", fragte sich Juria und beschloss insgeheim für sich, dass es ihre Aufgabe sei für Yokai eine Frau zu finden, die ihn aus diesem ewigen Kreislauf aus Selbstvorwürfen und Schlechtrednerei befreien könnte.