Kapitel 6: Die Sinfonie des Mordens, 3. Satz: Allegro con spirito bzw. "Die Passion Yokais"

"An ihrem Tonfall merkt man sofort, dass sie offensichtlich noch nicht so oft in der Senatsstadt unterwegs waren. Sie wollen mir doch nicht wirklich erklären, sie wären noch nie im Modegeschäft der Aritomos gewesen? Oder bevorzugen sie etwa das Modehaus gegenüber von den Taikis?", fragte Senator Kim und schlug damit inidirekt vor, in einem der beiden Modetempel einige Klamotten für den völlig besitzlosen Yokai zu kaufen. "Wenn ich sie richtig verstanden habe haben sie keine einzigen Klamotten mehr, also was spricht dagegen? Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, dass sie diese blutdurchtränkten Lumpen bevorzugen?"

"Geschwisterstreit? Ja das trifft es....", kicherte Yuka und nahm Nozomis Herausforderung gerne an, jetzt da sie alle wieder ihre Kräfte hatten. "Jeder gegen jeden, also?", fragte Nozomi der darin mehr nur ein kleines Spielchen denn eine ernsthafte Auseinandersetzung sah. "Wolln wir doch mal sehn ob ich noch in Form bin!", meinte Nozomi mit einem breiten Grinsen und ließ sogleich einmal Yuka, Ichiru und Juria am Boden festfrieren.

"Nein, ich war noch wirklich nicht oft in der Senatsstadt, das gebe ich zu, aber dieser Ort wirkt auch nicht gerade anziehend auf mich..." erwiderte Yokai leise und verfiel in etwas Nachdenklichkeit. "Und ehrlich gesagt ist es mir doch egal bei wem ich einkaufe, wobei ich im Moment eher zu den Aritomos gehen würde, nachdem ich doch mit der Familie Taiki schlechte Erfahrungen gemacht habe. Aber ja, ich war noch niemals in ihren Modehäusern. Die Klamotten, die ich damals besaß, gehörten nicht einmal wirklich mir, sie waren....sagen wir mal...geliehen und nicht zurückgegeben." ein wenig hüstelte er. "Aber was dagegen spricht? Nun, das wäre die Tatsache dass ich wirklich nichts mehr besitze. Weder Klamotten noch eine Uhr noch überhaupt Geld, womit ich diese Dinge bezahlen könnte, oder ist Ihnen das entgangen? Nachdem man mich aus der Familie geworfen hat ging mein gesamter Besitz, inklusive Schmuck, sämtliche Papiere, Geld und was ich eben sonst noch besitze, an Yoshiro über."

"Wie Sie meinen....da haben Sie natürlich Recht", meinte Senator Kim nur und schob das Bett an Yokai vorbei in Richtung des Krankenzimmers und ließ Yokai auf dem Gang so stehen wie er war.

"Uuuh jetzt wird es endlich mal interessant!", lachte Juria und löste sich mit heißem Wasser aus der eisigen Fessel. Sofort sprang sie in die Luft und kombinierte ihre verschiedenen Kräfte: Zuerst ließ sie einen Wassertornado um Nozomi entstehen und lud gleichzeitig einen Blitz auf, mit dem sie das Wasser unter Strom setzen wollte. Yuka dagegen sammelte erneut ganze Wellen aus Wasser, die um sie schweiften als wären sie ihre Haustiere, während Ichiru, der selber auch das Eis beherrschte, das gesamte Mausoleum in eine rutschige Schlittschuhhalle verwandelte.

"Sehen Sie?" fragte Yokai und schüttelte nur den Kopf. "Ohne Geld, keine Kleider, also werde ich wohl weiterhin in blutigen Fetzen herumlaufen. Naja, es wäre nicht das erste Mal, und so wild ist es auch wieder nicht. Ich bin ja hier nicht auf einer Modenschau..." ein wenig hatte er zu lachen begonnen, jedoch ging es schon bald in ein klägliches Krächzen über, gefolgt von einem erbärmlichen Husten. Offensichtlich war er noch nicht bei bester Gesundheit, doch ob er das einsehen konnte, und vor allem auch wollte, war eine ganze andere Frage, immerhin war Yokai doch ziemlich stur. Jetzt jedoch, da der Senator Kim weg war, versuchte Yokai nur, weitere Schritte in Richtung des Ausgangs zu tätigen, und langsam aber sicher arbeitete er sich vor: Zuerst zur Zimmertür, und danach weiter den Gang entlang.

Senator Kim bemerkte noch wie sich Yokai langsam vortastete, doch schenkte er ihm nun keinerlei Beachtung mehr. Er hatte ihm angeboten zu helfen, doch hatte dieser jegliche Hilfe abgelehnt. "Wer nicht will, der hat wohl genug!", murmelte Kim vor sich hin, als er den Trakt verließ und mit dem leeren Krankenbett die Krankenstation betrat.

"Chiaki?", rief Kaoru, als sie das Wohngebäude Ichimonjis betrat. Kaum hatte sie gerufen, kam schon die Antwort. Sofort eilte Kaoru ins Wohnzimmer, wo Chiaki mit Tränen in den Augen auf dem Sofa saß und sich immer noch am Kopf hielt. Dennoch schien der Schmerz bereits ein wenig nachgelassen zu haben. "Kaoru-san....was ist nur passiert....ich kann auf einmal lauter Stimmen hören....und wenn ich die Scheiben ansehe, zersplittern sie plötzlich...ich weiß nicht was ich tun kann!", erklärte Chiaki ihre Notsituation. Kaoru wusste zwar auch nicht, woher es kam, doch setzte sie sich erstmal zu Chiaki und nahm sie in den Arm. "Wir werden das sicher klären können! Nur Geduld!"

"Ok...ich verstehe jetzt zwar nichts mehr, aber ich sollte wohl aus dem Weg gehen, wie?", meinte Ichimonji nüchtern und hockte sich in die Nähe der Ahnen, die soeben wieder zu sich kamen. "Gute Idee Ichimonji....das Selbe wollte ich soeben auch vorschlagen!", rief ihm Nozomi zu, der in diesem Moment Jurias Wassertornado zu Eis verwandelte, sodass der von Juria abgefeuerte Blitz am Eis abglitt und stattdessen wirkungslos an Ichirus Eiswand verpuffte. "Danke vielmals Schwesterchen!", bedankte sich Nozomi und stimmte den höchsten Ton an, den er konnte. Innerhalb weniger Sekunden bekam das Eis um ihn herum Sprünge, bis es wenige Sekunden später in viele kleine Teile zersprang und von Nozomi durch die Luft geschleudert werden konnte.

Derweil war Amaya zurück in ihr eigenes Büro gegangen und traf dort den Senatssprecher Kobe an, der gerade noch die letzten Sätze auf die To-Do-Liste der neuen Senatsvorsitzenden schrieb. Erst als er sie bemerkte, sah er auf und blickte dann mit einem leichten Lächeln zu ihr. "Nun, ich denke das dürfte alles sein, was im Moment wichtig genug zu erledigen ist. Solche Dinge wie irgendwelche Agrarreformen habe ich leider zurückstellen müssen, da diese in Krisenzeiten leider keine große Beachtung erwirken dürfen, andernfalls würden Sie wohl Gefahr laufen, dass Sie sich zusehr auf andere Dinge konzentrieren."
"Hm..." machte Amaya und wurde ein wenig nachdenklich, während sie die Liste ansah, die doch länger war, als sie gedacht hatte. Es galt, die Sache mit der Matsuri-Insel zu klären, noch dazu war auch die Ergreifung Ryoujis, Ichirus, Hamanos und Yumis eine wichtige Tat, die noch zu vollbringen war, ebenso wie viele andere politische Schachzüge. "Soviel zum Thema Prüfungen, was? Ich glaube Kaien killt mich wenn das so weitergeht...Aber gut, wenden wir uns wohl mal der einfachsten Sache zu. Ich denke eine Strafe für Shigure Fukuda wird schnell gefunden sein. Hätten Sie die Güte eine Anklageschrift zu verfassen und diese Fukuda-san zukommen zu lassen?"

Juria blinzelte mit einem schelmischen Grinsen zu Nozomi und im nächsten Moment flogen die Eissplitter in Yukas Richtung, während sich Juria zu Nozomi gesellte und einen Tornado aus Wasser entstehen ließ, der sich um die Kämpfenden bewegte und dann von Nozomi zu Eis verwandelt wurde. Juria stieg nun auf die Schultern von Nozomi und überdachte die Eiswände nun noch mit einer Wasserwand über ihnen, die Nozomi ebenfalls zu Eis erstarren ließ. Yuka, die den Eissplittern mühelos ausgewichen war, sah die beiden nur ungläubig an.
"Wollt ihr mich veräppeln? Ich weiß zwar nicht was das soll, aber wenn ihr mich fragt, macht das, was ihr da tut überhaupt keinen Sinn!", beschwerte sich Yuka und musste laut loslachen. Dazu gesellte sich nun auch noch Ichiru, der meinte, dass er mit seiner Macht über das Eis die Wände ohnehin schmelzen könnte. Derweil stieg Juria wieder von Nozomis Schultern herunter und lief ein paar Schritte in dem neuen eisigen Gefängnis. "Jetzt da wir ja unter uns sind, können wir dann ja mal ernsthaft anfangen!", entgegnete sie und schon im nächsten Moment zuckten Blitze um ihren gesamten Körper.
"Mit dem größten Vergnügen!", lachte Yuka und hielt im nächsten Moment wieder ihr Katana in der Hand, das vollkommen aus Wasser bestand, das von Ichiru zu Eis verwandelt worden war. "Ich hatte das Spielchen ohnehin langsam satt!"

Kobe hatte nur leicht auf die Worte Amayas genickt und setzte sich sofort wieder an den Schreibtisch, um die Anklageschrift für Shigure auszuarbeiten. Da sich Amaya doch an die Gesetze hielt, wollte sie ihn nicht verurteilen, ohne ihm zuvor ein ordentliches Gerichtsverfahren gewährt zu haben, immerhin wollte sie doch nicht so sein wie ihr Vater und ihr Onkel, die in diesem Punkt wohl Amayas größtes Ärgernis auf sich gezogen hatten. Zwar wunderte sich Amaya doch ein wenig, warum Kobe so loyal zu ihrer Seite stand, doch sie fragte nicht weiter nach, sondern freute sich, dass es wenigstens in dieser Sache genug Leute gab, die ihr zur Seite stehen würden.
"Nun...dann hätten wir das einmal schon erleidgt..." murmelte sie und seufzte, als sie weiter die Liste ansah. "Das mit Ryouji und seinen Anhängern dürfte eine größere Sache werden, immerhin sind die Reinblüter, und keine Wachen des Senats könnten es mit ihnen aufnehmen - vor allem nicht, wenn Hamano die Kräfte von ziemlich vielen von uns hat. Es gibt nur wenige Ausnahmen..." Leicht schürzte sie die Lippen. "Nun gut...ich denke ich wage mich zuerst an die Sache mit der Matsuri-Insel." meinte sie dann und griff zum Telefon, um auf der Insel im Büro des Verwalters anzurufen.

"Jaja....das hätte ich jetzt auch gesagt!", kicherte Nozomi der Ichiru und Yuka im nächsten Moment durch eine meterdicke Eiswand getrennt hatte. In den so entstandenen Käfigen standen sich nun Yuka und Juria sowie Ichiru und Nozomi gegenüber. Da alles Reden Jurias offensichtlich nichts geholfen hatte, würde es nun auf ein Duell herauslaufen, und der Sieger würde am Ende bestimmen was zu geschehen hatte.
"Mach dich bereit ein für alle Mal von dieser Welt zu verschwinden!", fauchte Yuka und eröffnete sofort das Duell, indem sie mit kochenden Wassermassen in Jurias Richtung schoss und damit auch teilweise das Eis schmelzen ließ, das sich jedoch sofort erneuerte. Juria dagegen kühlte das heiße Wasser mit ihren eigenen herbeigerufenen Wassermassen, die kurz vor dem Gefrierpunkt standen und kühlte damit Yukas Attacken ab.

Ichiru und Nozomi standen sich dagegen zunächst gegenüber und schwiegen sich an. Nozomi der auf einem Sessel aus Eis Platz genommen hatte, studierte seinen kleineren Bruder zunächst und beendete die Stille indem er ein wenig über die impulsiven Frauen nebenan lästerte. "Wirklich, wirklich....Yuka und Juria....ich möchte niemals zwischen zwei streitenden Frauen stehen...bei solch einem Hass können wir zwei einfach nicht mithalten...meinst du nicht auch, Ichiru? Wir gehen alles ein wenig vernünftiger an....oder nicht?"

Eine ganze Weile lang ließ es Amaya im Büro der Verwaltung klingeln, doch niemand schien ranzugehen, weshalb sie nur nach ein paar Sekunden das Telefon wieder ärgerlich auf den Hörer warf und sich zu Kobe umdrehte, der mittlerweile schon mit der Ausarbeitung begonnen hatte, jedoch etwas verloren schien, da er sich in seinem Alter nicht mehr wirklich mit der modernen Technik beschäftigte und deshalb nun etwas verwirrt vor Amayas Laptop saß und versuchte, schnell genug die Worte auf der Tastatur zu tippen, wobei er jedoch maßlos versagte. Deshalb begann Amaya nur wieder zu grinsen, schob ihn dann vorsichtig weg und schrieb dann das auf, was er ihr diktierte, tippte sie doch weitaus schneller als ihr Senatssprecher.

Mittlerweile hatte es Yokai dagegen geschafft, das Senatsgebäude ganz zu verlassen und nun machte er sich sogar auf den Weg in die Stadt. Er wusste nicht, ob er bis zur Hiya-Akademie durchhalten würde, doch er wollte es versuchen, allein, um zu beweisen dass seine Verletzungen nicht so ernst zu nehmen waren, wie die anderen alle behaupteten. Ärzte hin oder her, ihm war das Ganze doch sowieso egal. Wäre es nicht für Yuuji gewesen, hätte er am Ende sogar noch nachgeholfen, um einen schnellen Tod zu finden.

"Ich weiß nicht wovon du redest!", entgegnete Ichiru und setzte sich ebenfalls in einen Sessel, den er kurzerhand aus Eis hatte entstehen lassen. So saßen sich die beiden Männer zunächst schweigsam gegenüber, während nebenan die Fetzen flogen. Yuka schlug immer wieder mit ihrem Schwert nach Juria, die jedoch Yuka immer wieder mit der schieren Kraft der Wassermassen von sich schleuderte und sich mit ihren Blitzen zu verteidigen wusste.
Je länger der Kampf jedoch ging, desto mehr wurde es klar, dass sich die beiden beinahe ebenbürtig waren. Die beiden Brüder saßen sich im Gegensatz dazu, immer noch gegenüber und schwiegen sich gegenseitig an, wobei Nozomi dies alles mit einem schelmischen Grinsen tat - im Gegensatz zu Ichiru, der so ernst wie möglich schaute.

"So, Nummer eins hätten wir mal abgehakt..." meinte Amaya und lächelte ein wenig, während sie Kobe darum bat, den ersten Puntk auf ihrer To-Do-Liste abzuhaken, während sie das Dokument für Shigure schon ausdrucken ließ. Sicherlich, normalerweise wurden solche offiziellen Dinge im Senat noch von Hand geschrieben, doch sie hatte sich bisher niemals an diese alten, "eingerosteten" Regeln gehalten und bevorzugte dagegen den Gebrauch von E-Mail und vor allem von Computern, was in ihren Augen nicht nur für eine deutlich höhere Schnelligkeit sorgte, sondern auch die Umwelt schützte. Ein wenig zufrieden besah sie sich nun den zweiten Punkt der Liste, wobei sie ein wenig überlegte ob sie das alles jemals schaffen würde, ohne ihren Vater und ständig mit den Prüfungen im Nacken.

Mehr als 10 Minuten waren vergangen und Nozomi und Ichiru hatten immer noch nicht mit ihrem Kampf begonnen. Stattdessen hatte sich Nozomi ein Kartenspiel aus Eis erschaffen und spielte gegen sich selbst, während Ichiru immer noch versuchte so ernst zu schauen wie möglich, während er dem absurden Tun seines Bruders zuschauen musste. "Wenn das so weitergeht, gewinne ich noch auf ganzer Linie!", lachte Nozomi, der selbst eigentlich keine Lust hatte gegen die eigene Familie zu kämpfen, soviel ihm seine Geschwister ihm auch angetan hatten. Er hatte über alles gut nachdenken können, in der Zeit in der er geschlafen hatte und war zu dem Entschluss gekommen, dass er kaum eine Familie haben würde, wenn er seine Geschwister töten würde. "Du bist am Zug, Ichi-chan!", forderte Nozomi seinen kleinen Bruder auf, vor dem auf einmal ein lebensgroßes Schachbrett aus Eis erschienen war. "Du weißt doch - der Jüngste fängt an. Also, darf ich bitten?", erklärte Nozomi, als er Ichirus verwunderten Blick bemerkt hatte.

Mittlerweile hatte Yokai schon die Stadt verlassen, und lief nun die Serpentinenstraße entlang, in Richtung der Hiya-Akademie. Er wusste, dass er noch einige Kilometer vor sich hatte, doch er wollte es schaffen. Den stechenden Schmerz, der sich mittlerweile ausgebreitet hatte in seinem Körper, ignorierte er einfach so gut es ging, und setzte stattdessen einen Fuß vor den anderen - wobei er sich hin und wieder doch an einigen Bäumen festhalten musste, und verschnaufen musste. Einige seiner Wunden waren wieder aufgeplatzt und er spürte wie das warme Blut an seinem Körper hinunterlief , was ihm jedoch egal war. Er wusste nicht wieso, aber auf irgendeine Weise tat es ihm gut, ein wenig Abstand zu haben. Vielleicht brauchte er einfach nur ein wenig Zeit zum Nachdenken, selbst wenn es so weit draußen in der Abgescheidenheit und Einsamkeit stattfand.

"Was auch immer du damit bezwecken willst....", murmelte Ichiru und machte artig einen Zug mit einer der eisigen Bauernfiguren. Dabei fiel ihm auf, dass die einzelnen Figuren die Gesichter von existierenden Personen besaßen. So hatte beispielsweise der König von Ichirus Figuren das selbe Gesicht wie Shinji, während den König Nozomis das Gesicht von Senri zierte. "Nicht schlecht...aber jetzt sind die Züge ja noch unbedeutend oder nicht?", lachte Nozomi und machte seinen Zug mit dem Springer, der durch Ruka dargstellt wurde, die sich in einen Tiger verwandelte. "Du bist wieder !", meinte Nozomi und setzte sich zurück in seinen Sessel aus Eis.

"Gib endlich auf und stirb!" fauchte Yuka und hieb weiter nach Juria, wobei sie einmal auch fast die Eiswand zum Einsturz brachte. Bisher hatte keine der beiden eine Wunde erlitten - und offensichtlich würde sich in den folgenden Momenten sich auch nichts daran ändern.

Fast eine halbe Stunde war vergangen, seit dem Yokai losgelaufen war, und endlich, endlich konnte er die Hiya-Akademie, welche auf einer kleinen Anhöhe lag, schon am Horizont erblicken. Wie ein kleines Türmchen ragte sie aus den übrigen Wäldern und Feldern hervor und fast konnte Yokai meinen, er wäre im Paradies. Mittlerweile hatte er sich ein wenig an einem Baum herab sinken lassen und machte eine kleine Verschnaufpause, da seine Schmerzen ihn doch wieder übermannt hatten und ihm die Kraft ausgegangen war.

Amaya dagegen war nun zum nächsten Punkt übergegangen und war gerade daran, die ganzen Notstandsverordnungen, die ihr Vater erlassen hatte zusammen mit Ryouji, wieder außer Kraft zu setzen - so etwa die Anklage gegen die Hiya-Akademie und den Exekutionsbefehl der Level-E Vampire. Stattdessen erließ sie einen Beschluss, dass jeder reinblütige Vampir, der ihr helfen wollte, die Gelegenheit hatte, das Blut zu spenden, sodass sie den Level-E-Vampiren helfen konnte, nachdem sie doch einige von ihnen kannte.

Nach einer ewig lang gefühlten Gedenkminute machte Ichiru seinen Zug - diesmal mit dem Turm, dessen Erscheinungsbild der Aritomofestung aus den Zeiten des Bürgerkriegs nachempfunden war. "Wirklich sehr geschmacksvoll, Nii-san!", lobte Ichiru das Aussehen des Schachspiels, auch wenn er es nicht gern tat. Überhaupt verabscheute es Ichiru jegliche Leute für irgendetwas zu loben.
"Tja...scheint du hast dich zu sehr ablenken lassen, was?", lachte Nozomi und im nächsten Moment schmolz eine von Ichirus Bauernfiguren, da sie von Nozomis Springer, der starke Ähnlichkeit mit Ruka hatte, rausgeworfen worden war. "1:0 für mich, würde ich sagen!", meinte Nozomi mit einem kindischen Grinsen und machte es sich in seinem Sitz bequem. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Figuren per Hand zu bewegen.

"Willkommen zurück..." murmelte Yokai und ein leichtes Lächeln huschte über seine Züge. Er hatte irgendwann sich wieder von seiner Rast erhoben und sich direkt weiter auf den Weg zur Hiya-Akademie gemacht. Zwar hatte er die letzten Meter nur noch schleichend, ja schon fast kriechend überwunden, doch jetzt stand er mitten vor dem gravierten, gusseisernen Fachwerktor Kaiens und blickte direkt auf das Hauptgebäude der Akademie. Obwohl es hellichter Tag war und die Sonne geradezu auf sein Gesicht brannte, ließ er sich davon nicht abhalten, sondern bewunderte das Gebäude nur eine ganze Weile lang stillschweigend, bevor er dann das Tor aufstieß und sich seinen Weg zum Eingang des Gebäudes bahnte.

"Und da hätten wir auch schon den nächsten Punkt erledigt. " murmelte Amaya, nachdem sie sämtliche Akten vernichtet hatte, in denen von irgendwelchen Anklagen die Rede war oder von irgendwelchen Exekutionsbefehlen. Ein wenig hatte sie noch mit den verschiedenen Verantwortlichen telefoniert, um jegliche Hinrichtungen abzusagen und um jegliche Gerichtstermine auszusetzen, abgesehen von Shigures Termin, denn der erhielt in diesem Moment seinen Anklagebrief, welcher ihm persönlich von einem Diener des Senats überbracht worden war.

Sakura traute ihren Augen nicht, als sie für kurze Zeit einen Blick aus dem Klassenzimmer geworfen hatte und einen halbtoten Mann am Tor herumlaufen sah. Erst recht nicht einen Yokai, der ja ihres Wissens nach eigentlich tot sein müsste. Da sie nicht gewillt war, dass die menschlichen Schüler diesen Anblick ertragen müssten, befahl sie aus dem Nichts einem der Schüler den DVD-Player anzuschalten, während sie selbst zum Vorhang eilte und gerade noch in letzter Sekunde den Vorhang zuzog, noch bevor einer der Schüler realisiert hatte, was es draußen zu sehen gab.
"Ich habe mir überlegt, wir sollten einen Film ansehen....über die jahrhunderte alte Geschichte der Gesellschaft in Japan!", erklärte sie ihren Schülern und sorgte deshalb für ein allgemeines Seufzen.

Für kurze Zeit war Yokai noch stehen geblieben am Eingang, doch dann huschte er schnell ins Gebäude und machte sich direkt auf den Weg ins Rektorat. Er wusste, dass es eigentlich besser käme, wenn er wenigstens seine Sachen wechseln würde, doch es gab sowieso nichts mehr, was er noch besaß, und er bezweifelte stark, dass ihm die Schuluniform seines Sohnes passen würde. Deshalb stieg er nur keuchend die Stufen hinauf, wobei er teilweise eine kleine Spur aus Blutstropfen auf dem Boden hinterließ, und machte sich dann aber auf den Weg zum Rektorat, wo er vorsichtig anklopfte. Wieder musste er sich gegen die Wand lehnen, um nicht umzukippen, immerhin schien sein Kreislauf alles andere als gewillt, diese Strapazen auszuhalten. Es war ja nciht so, als ob ihm die Sonne nicht auch zusetzen würde, und es war auch nicht so, als ob seine Verletzungen nicht schwer genug wären, als dass sie selbst einen Reinblüter wie ihn schwächen konnten.

Mit Entsetzen betrachtete Kaien die Blutspur, die sich von der Eingangstür die Treppen hoch zog. "Wer hat hier in meiner Schule gemordet?", fragte sich Kaien erschüttert und folgte mit einem mulmigen Gefühl im Bauch der widerlichen Blutspur, die den Marmorboden versaute. "Wer auch immer das gewesen ist....das wird eine saftige Rechnung geben!", drohte Kaien bereits gedanklich und musste dabei gleich wieder an sein demoliertes gusseiserne Fachwerktor vom ersten Schultag denken.
Als Kaien nun auch noch vom Rektoriat Geräusche hörte, schnappte er sich das Nächstbeste was er greifen konnte. In diesem Fall ein Kerzenleuchter. "Der blutige Mörder hat es auf mich abgesehen....", überstürzten sich die Gedanken Kaiens als er die Stufen weiter hinauflief.

Weitere Spielzüge waren vergangen und bis auf ein paar unwichtige Bauern hatte Nozomi noch alle Figuren behalten können. Ichiru dagegen hatte sämliche Springer, Bauern und ja selbst die beiden Läufer verloren. "Sieht nicht gut aus, Bruderherzchen....hat dir Yuka wohl nie beigebracht wie man Schach spielt wie?", kicherte Nozomi. Er dachte momentan nicht mehr an den weiterhin ergebnislosen Kampf zwischen Juria und Nozomi, da er selbst gerade seine List spielte.

"Kaien?" murmelte Yokai leise, als er noch nichts aus dem Rektorat hörte. Wo war der Direktor der Akademie nur abgeblieben? Schlief er etwa noch, oder war er auch in der Senatsstadt? Er konnte es nicht wirklich sagen, doch im Moment war er ehrlich gesagt auch zu schwach dazu, überhaupt irgendienen klaren Gedanken zu fassen. Er glich sowieso mehr denn je einem Zombie, nachdem seine Kleidung über und über mit Blut befleckt war, er mehr hinkte denn er ging und auch seine Augen tiefe Schatten hatten, die einen Kontrast zu seiner Haut bildeten, welche im Moment noch bleicher als sonst war. Leicht schüttelte er den Kopf, als er noch immer nichts hörte, und beschloss dann, ein Weilchen zu warten. Leicht ließ er sich an der Wand herunterrutschen, bis er auf dem Boden saß - wobei er allein schon dabei wieder eine Blutspur an der Wand entlang zog, was ihm jedoch so gesehen ziemlich egal war. Es störte ihn auch nicht, dass auf den Treppen und in den Gängen noch das Blut war, wieso sollte es auch? Es würde sicherlich noch jemanden geben, der die Sauerei aufputzen würde, und ansonsten würde man einfach das Clean-T.E.A.M rufen.

"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH" - ein trommelfellzumplatzenbringender Schrei war von Kaien zu hören, der in diesem Moment dachte einen toten Yokai vor seinem geliebten Rektorat liegen zu haben. Sofort bewarf Kaien Yokai mit Räucherstäbchen und zündete gleich zehn Stück in seiner Hand an um damit mantraartig ein Gebet nach dem anderen herunterzubeten.
Dann nahm er den Kerzenständer und wich einige Schritte von Yokai weg, als Kaien sah, dass sich der tote Yokai auch noch bewegt hatte. "Wahaahhahaaas willst du von mir.......du Zombie....wieso bist du aus dem Reich der Toten zurückgekehrt um mich heimzusuchen????", fragte Kaien, wobei man seine Unsicherheit deutlich hören konnte. Überhaupt war Kaien äußerst verkrampft und wich Zentimeter um Zentimeter vor Kaien zurück.

"Verflucht Kaien...was soll der Mist?" fragte Yokai, als er plötzlich einen dumpfen Schmerz spürte, und er schlug die Augen wieder auf, nur um zu sehen, dass Kaien ihn offensichtlich mit Räucherstäbchen beworfen hatte. Ein wenig hörte er sich das Gelaber des Rektors an, doch sah er keinen Sinn dahinter und schüttelte nur leicht den Kopf. "Ich bin, zu deiner schönen Information, nicht tot. Ich war fast tot, ja, aber ich lebe noch - so gut ein Vampir eben leben kann. Also hör auf mich mit Räucherstäbchen zu bewerfen, ich werde dich schon nicht aussaugen - auch wenn ich eindeutig Durst habe. Aber ich kann mich zügeln, wirklich. Nun gut, Spaß beiseite. Ich denke wir haben noch einiges zu bereden..."

"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH!", ein weiterer Schrei folgte und Kaien ließ alles fallen und rannte mit in die Luft gestreckten Armen die Treppe hinunter, wobei er mit dem Fuß jedoch auf den Blutpfützen ausrutschte und den Rest der Treppe hinunterrollte, bis er mit dem Kopf voraus unten ankam und erst einmal liegen blieb.

"Kuari-sensei? Soll ich nachsehen was los ist, dass Kurosu-sensei so schreit?", meldete sich Kiho freiwillig, denn schließlich war sie doch die Vertrauensschülerin. "Nein, nein....ist schon gut...es wird schon nichts sein....er hat sich sicher nur die Hand beim Teewasser kochen verbrannt!", gab Sakura als Erklärung für den Schrei und hoffte die Day-Class-Schüler damit wieder zu beruhigen. "Also folgt bitte weiterhin aufmerksam dem Film - und macht NOTIZEN!", befahl Sakura, wobei ein erneutes allgemeines Stöhnen zu hören war, denn niemand in der Klasse hatte Lust bei einem Lehrfilm mitzuschreiben.