Kapitel 1 - Eine ungewollte Hochzeit

"Wenn sich die Reinblüter hier nicht herablassen wollen, bleibt wohl nichts anders übrig als dass sich die unbeliebte Adlige über ihren Stand erhebt....wenn ich bitten dürfte? Bitte mach Platz Yokai!", bat Juria und ging ungeniert zur Braut um ihr mitzuteilen, dass sie sie auf ihrer Fahrt begleiten würde. Juria war sich aber durchaus bewusst, dass sie sich damit soeben den Hass der Aritomogeschwister und wahrscheinlich auch der gesamten Shadakofamilie auf sich zog.

"Sie wagt es doch nicht etwa?", fauchte Yuka und starrte ungläubwürdig zu dem was soeben passierte. Auch Ryouji sah etwas unglaubwürdig zur Braut, als diese von einer Vampirin niederen Ranges angesprochen wurde. Welch eine Unverschämtheit war es doch, vor der versammelten Gesellschaft, die Braut derart zu belästigen?????!!!!

"Äh....sicherlich..." murmelte Takara, als sie den Vorschlag Jurias hörte. Sie war wirklich erstaunt, dass jemand ihr Gesellschaft leisten würde, aber letztendlich war sie eigentlich auch froh, selbst wenn es "nur" Juria war, aber so war sie nicht allein.
Dagegen hatten sich die anderen Mitglieder der Shadako-Familie - abgeshen von den drei Brüdern - zornig angesehen und Shikaru war schon kurz davor, einzugreifen, doch Hakuna hielt ihn noch davon ab, weshalb alle letztendlich zusahen, wie Juria in den Wagen stieg, dicht gefolgt von Yoshiro und Takara sowie Yoichi und Yokai, die dem Bräutigam natürlich auch noch Gesellschaft leisten würden um ihn nicht so allein zu lassen. Der Chauffeur dagegen hatte schon längst ein wenig Reggae-Musik aufgedreht und brachte den kleinen Bus damit sogar zum Wackeln.

"Wuhuu....let's bounce, bounce, bounce....", begann Juria zu singen und zu tanzen, wobei sie versuchte auch das Brautpaar dazu zu animieren, damit diese die Situation vergessen und ihr vielleicht auch etwas positives abgewinnen konnten. "Es tut mir wirklich außerordentlich leid, dass ich so unverschämt mich hier in den Mittelpunkt gestellt habe...ich bitte untertänigst mein Verhalten zu entschuldigen!", bat Juria, während sie einmal quer durch den Bus tanzte.

"Oh wie ich dieses Grinseflittchen doch hasse...", murrte Yuka und sah nicht gerade begeistert zu dem Bus, der soeben los fuhr. Wie sehr hätte sie es doch gerne gesehen, wie die Braut gedemütigt geworden wäre.

Ein wenig verwirrt blickten die Insassen des Busses zu Juria, wobei Takara, die sich zuerst richtig mies gefühlt hatte, angesichts der Tatsache, dass sie nun hier in einem alten VW-Bus saß anstatt in einer prachtvollen Limousine, auch leicht lachen musste, als sie bemerkte, was Juria gerade machte. Zuerst war es nur ein verhaltenes Lächeln, welches sich dann aber letztendlich zu einem breiten Grinsen und zu einem fröhlichen Kichern wandelte, und irgendwann begann sie sogar selbst ein wenig im Takt auf- und abzuwippen.
Yokai dagegen hatte nur leicht geschmunzelt, war dann aber auch aufgestanden und hatte angefangen, zusammen mit Juria zu tanzen. Er musste sdagen, er fühlte sich so frei wie schon lange nicht mehr, und vor allem hatte er in diesem Moment wirklich vergessen, wer er überhaupt war und vor allem welchen Standpunkt er eigentlich zu vertreten hatte - immerhin waren die Shadakos nicht gerade dafür bekannt, modern und innovativ zu sein.

"Wuuuuh!", johlte Juria und tanzte mit Yokai quer durch den Bus, wobei sie Yoichi vom Sitz zu sich und Yokai in den Gang des Busses zog und ihn zum Tanzen animierte. "Let's partyyyyyyyyyyy immerhin ist hier eine Hochzeit zu feiern, wuuuuu!!!", rief sie und winkte übereifrig dem einfachen Volk, dass sich an den Straßen aufstellte um dem vorbeifahrenden Hochzeitspaar zuzuschauen und seinen Respekt zu zollen.
Angesichts des VW-Wagens, in dem das Brautpaar fuhr, sahen nun aber doch einige Vampire nur äußerst verhalten zur Straße, während andere sich umdrehten um nicht für das Lächeln, dass sie nicht verkneifen konnten, bestraft zu werden. Wieder andere fingen selbst an zur Musik zu tanzen und dem Hochzeitspaar zuzujubeln.

"Juria-san, Sie sind verrückt!" murmelte Yokai nur aber er lachte von ganzem Herzen, als er so mit ihr durch den Bus tanzte, wobei der Fahrer von der Hasekura-Familie nun den langsamen Reggae gegen einen flotten spanischen Tanz gewechselt hatte, zu dem das ungleiche Paar nun im flotten Flamenco-Stil tanzte. Yokai schien es sichtlich zu genießen, wobei er nicht einmal auf seine anderen Brüder achteten. Jedoch bemerkte er Yoichi, der ein wenig unsicher zu seinem ältesten Bruder hinüberblickte und leise seufzte. Er war erst 500 Jahre alt, und besaß jedoch noch die Gestalt eines knapp 18-jährigen, weshalb er umso unsicherer wirkte, jedoch bald auch schon zumindest mit dem Fuß im Takt wippte, woraufhin er von Yokai ein freches Grinsen bekam.
Dagegen hatte Yoshiro einen nachdenklichen Blick aus dem Fenster geworfen und sah zu den Bürgern hinüber. Offensichtlich gab es geteilte Meinungen über diese Stadtrundfahrt, aber er versuchte zumindest, das Beste aus der ganzen Sache zu machen, weshalb er immer wieder freundlich lächelnd zu den anderen, am Rande stehenden winkte. Immerhin war er der zukünftige Thronerbe dieses Reiches, weshalb er nicht unangenehm auffallen durfte. Auch wenn er glaubte, dass es dafür schon zu spät war.

"Arriba!", jauchzte Juria und schnappte sich kurzerhand Yoichi und wirbelte mit ihm einen Tango quer durch den Bus. "Nur keine falsche Scham!", witzelte sie und tanzte wieder zurück, wobei sie Yoichi wieder an seinem vorherigen Platz absetzte und sich dann wieder Yokai schnappte.

"Wenn Takara heute abend nicht von der Klippe vor lauter Scham springt, weiß ich auch nicht!", lachte Hamano lauthals, als er die Autofahrt beobachtete, indem er seine Fähigkeit benutzt hatte und einen ganzen Taubenschwarm, der auf den Dächern und über dem Wagen fliegend, als seine Spione dienten.

Ein wenig fühlte sich Yoichi durchaus gepeinigt, doch hatte er diese Scham schnell überwunden, und letztendlich war er dann froh, als er sich wieder hinsetzen konnte. Yokai dagegen hatte sichtlich seinen Spaß mit Juria zusammen, was aber auch daran lag, dass Yoichi wohl Angst hatte wegen Misaki, immerhin konnte es gut sein, dass seine Flamme dann eifersüchtig werden würde - und das wollte er auf keinen Fall.
"Madame, darf ich bitten?" fragte Yokai, während er von seinen Brüdern nur Stirnrunzeln und Kopfschütteln entgegengebracht bekam.

"Mit Vergnügen, ma chérie!", scherzte Juria und wirbelte einmal um Yokai um dann schließlich eine flotten Passo Doble hinzulegen, bei dem sie keine Rücksicht auf Verluste zeigte und sich geradezu in Rage tanzte.
Schließlich nahm Juria nur noch Yokai und vielleicht schleierhaft das Brautpaar wahr, während die gewöhnliche Bevölkerung, die das Auto beobachtete, von ihr mittlerweile völlig ausgeblendet wurde. Sie fühlte sich wie in einer Traumwelt, in der nur noch sie und Yokai existierten und sonst niemand.

"Wahrlich, Sie tanzen so gut, dass ich kaum noch mitkomme...." musste Yokai lächelnd zugeben, als Juria mit ihm so quer durch den Bus huschte. Vor allem beim Paso Doble kam er leicht ins Schwitzen, aber vielleicht lag es auch nur an der stickigen Luft des Busses, da die Fenster des Hasekura-VW-Busses offensichtlich kaputt waren und sich deshalb nicht öffnen ließen, mit Ausnahme der Dachluke, die man jedoch schon längst geöffnet hatte, weil von Zeit zu Zeit immer wieder jemand auf das Dach stieg um so der Bevölkerung zuwinken zu können. Mittlerweile hatte sich sogar Yoshiro ein wenig daran gewöhnt, dass sie nun eben eine verrückte Hochzeit gehabt hatten, und so schlimm fand er es letztendlich nicht einmal mehr - es war lediglich ein wenig....anders.

Nach einer Weile des Tanzens setzte sich Juria schließlich ein wenig erschöpft hin und genoss die Aussicht auf die Leute. Der Wagen fuhr gerade den Weg zum großen Senatspalastes, von dessen Balkon aus, das Hochzeitspaar dem Volk zujubeln würde. Im Gegensatz zur nächstgrößten Stadt der Kageshima, Nishi-no-chizu, erstrahlte die Senatsstadt geradezu in hellem Licht, dass sich an der Marmorwand des Senatpalastes spiegelte.

"Und meinst du die Braut ist jetzt doch noch erfreut über ihre Hochzeit?", flüsterte Juria zu Yokai. "Ich habe den Eindruck, als hätte sie vorhin einmal leicht gelächelt, als du mir auf den Fuß getreten bist!", kicherte sie.

"Hat sie, aber ich glaube das lag vielmehr daran, dass ich eben doch so ein kleiner Tollpatsch bin beim Tanzen. Aber wir werden ja sehen, wie gut sich mein Bruder und seine Frau verstehen." kicherte Yokai mit einem selbstgefälligen Grinsen, während er aus den Augenwinkeln immer wieder zu Yoshiro hinüberschielte, der aber mittlerweile leise mit Takara redete, wobei auch sie doch noch ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte. Und das, obwohl dies eigentlich der schlimmste Tag ihres Lebens hätte werden sollen. Doch vieles kommt anders als man denkt, und während sie sich anfänglich doch noch ziemlich enttäuscht und verlassen gefühlt hatte von ihren Brüdern und von der Tatsache, dass Hamano sie so hereingelegt hatte, so hatte sie nun auch ein wenig ihren Spaß und winkte immer wieder grinsend der Menge zu - gerade so, als wäre alles perfekt gewesen.

"Hehehe....sicherlich wird sie mich nun bis an das Ende ihrer Tage für diesen Tag verfluchen....", kicherte Hamano und nippte genüsslich am frischen Blut, das Kawagi aus dem Keller geholt hatte. Woher die Kawagifamilie immer diesen Vorrat an frischem Blut hatte, wollte er gar nicht so genau wissen - hauptsache es schmeckte.

"Ich freue mich schon sie auf dem Balkon zu sehen....sicherlich wird es ein schöner Anblick, jetzt nachdem wir beide ihre Hochzeit gerettet haben", freute sich Juria und blickte grinsend zu Yokai. "Glaub mir - du wirst auch noch die Richtige finden. Ich sorge schon dafür!"

"Ich? Oh...ich bin Einzelgänger...ein Casanova eben..." erwiderte Yokai und winkte nur ein wenig ab. "Wobei ich sagen muss, dass mir das Image des Casanova nicht mehr so ganz gefällt - vor allem jetzt, da meine beiden jüngeren Brüder mir offensichtlich in Sachen Liebe zuvorgekommen sind?" Er blickte zu Yoichi, der gerade zärtliche Küsse mit der jungen Misaki von der Maaka-Familie austauschte, wobei ie zwei sich offensichtlich nicht beobachtet fühlten. Yoshiro war dagegen noch immer mit Takara am Plaudern, wobei er immer mal wieder ein wenig errötete. "Außerdem müsste ich - wenn es nach meinem Vater geht - eine Reinblüterin heiraten, oder zumindest eine Level-B-Vampirin, weil es im Moment keine ledigen Reinblüterfrauen mehr gibt. Und von den Level-B-Vampiren her müsste es wohl auch eine ziemlich Hochgestellte..." Yokai schüttelte nur den Kopf. "Eine Bürgerliche würde er niemals erlauben."

"Lass mich nur machen...ich hab ein Gespür für sowas!", meinte Juria und blinzelte Yokai aufmunternd zu. Mittlerweile war der VW-Wagen vor dem Senatspalast angekommen und der Fahrer hatte die Tür geöffnet, damit das Brautpaar aussteigen konnte. Obwohl noch niemand ausgestiegen war, brandete schon der Jubel auf und die ersten Reiskörner flogen über dem Bus hinweg. Sicherlich hätten die Leute umso mehr gejubelt wenn sie gewusst hätten, dass dies für längere Zeit eine der letzten Shadakohochzeiten mit Happy-End sein würde.

"Verrückt bist du, weißt du das?" fragte Yokai und wartete dann nur darauf, dass das Brautpaar zuerst aussteigen würde. Nach einem schüchtern Blickwechsel zwischen den Frischvermählten standen sie beide auf und gingen dann, mit einem doch ziemlich aufgesetzten, glücklichen Lächeln, hinaus aus dem Bus und begrüßten die jubelnde Menge mit einem hoheitlichen Winken. Direkt dem Brautpaar folgte Yokai mit Juria und am Schluss kam noch Yoichi, der ziemlich fest Misakis Hand zu drücken schien, wobei dies auf Gegenseitigkeit beruhte, da wohl beide sehr schüchtern waren.

"Natürlich weiß ich das....das liegt in der Familie!", kicherte Juria grinsend. Was war es doch nur für ein Tag, der doch so schlecht begonnen hatte....

~~~~~2Stunden später am selben Tag~~~~~~~~~~~~~~~

"Juria !? Kapier es endlich und lass dich hier nie wieder blicken!!", zischte Yuka, deren Kopf soeben wieder nachgewachsen war. "Du gehörst schon längst nicht mehr in die Welt der Reinblüter...schon vergessen?", fauchte sie und stürzte sich auf die ebenfalls blutende Juria. "Lass mich in Frieden! Es ist doch alles euer Verdienst, dass O-Too-san es erst soweit kommen ließ!", schrie Juria dagegen und schleuderte Yuka mittels eines Wassertornados von sich und gegen die Papierwand, wobei die Kraft hinter ihrer Attacke sogar so große war, dass Yuka gleich mehrere Wände durchschlug und das traditionelle Haus in sich zusammenstürzte.
"Ich lasse mir von dir nicht den Platz in meiner Familie nehmen....", seufzte Juria, die aus den Trümmern erschien und ein kleines Wakizashi in der Hand hielt, von dem noch Yukas Blut tropfte.

"Gibts einfach auf !! Du bist nichts weiter als ein schwacher Adliger...nichts was der Rede wert ist!", antwortet Yuka nur knapp und sorgte mit einer Handbewegung dafür, dass Juria in einem Käfig aus Wasser gefangen wurde, der sie völlig wehrlos werden ließ.
"Ich lasse nicht zu, dass du dich an diesen Yokai heranmachst....und wenn ich dich eben gewaltsam davon abhalten muss.....ich werde mir meine Pläne nicht von dir durchkreuzen lassen!", zischte Yuka noch, während Juria allmählich das Bewusstsein verlor und schließlich völlig ohnmächtig wurde, als der Wasserdruck zu stark wurde. Schließlich erschien nun auch noch Ichiru und sorgte dafür, dass sie eingefroren wurde und sich in einem Gefängnis aus Eis befand.

Dagegen hatte das Brautpaar, nachdem sie noch dem Volk vom Balkon aus zugewunken hatten, sich dann nur auf ihr Zimmer begeben, wobei Yoshiro einem seiner vertrautesten Diener die Anweisung gegeben hatte, ein zweites Bett ins Zimmer zu stellen, denn weder er noch Takara waren sich wirklich sicher, ob sie schon zusammen in einem Bett schlafen wollten. Und da Yoshiro ein Gentleman war, überließ er eben seiner frischgebackenen Frau das riesige Doppelbett, in dem er normalerweise schlief, während er das kleine Gästebett bezog. Sie waren wirklich ein komisches Ehepaar, das musste er eindeutig zugeben, immerhin gab es wohl keine Eheleute, die er kannte, die in ihrer Hochzeitsnacht in getrennten Betten schliefen. Aber gut, bisher hatte er auch noch keine arrangierten Hochzeiten gesehen, da war er wohl der Erste.

Auch Yokai hatte sich verzogen, jedoch hing er schon wieder mit Haru in einer Bar herum, denn die beiden hatten noch ein Wetttrinken zu erledigen, wobei es diesmal ganz danach aussah, als würde Haru gewinnen - was von den Zuschauern des Trinkens nur bejubelt wurde, nachdem Yokai die letzten Male gewonnen hatte.

"Yo.....kai......", waren Jurias letzten Worte, bevor sie komplett vom Eis umschlungen wurde und wie eine Art Eisskulptur zu Boden fiel, ohne jedoch zu zerbrechen. "Welch ein Jammer, Schätzchen...", lachte Yuka, deren Kopf nun wieder komplett angewachsen war und sämtlichen Narben vergeblich zu suchen waren. "Erst der ach so liebe Bruder und jetzt trenne ich dich auch noch von deinem nächsten Liebesglück....ich bin eben die Königin in dieser Familie und nicht du!", kicherte sie dämonisch, bevor sie Ichiru mit einem abschätzigen Handzeichen befahl die vereiste Juria in den Eiskeller zu bringen.
"Und vergiss mir bloß nicht auch alle Schlösser abzuschließen - ich will dieses Miststück nie wieder sehen, kapiert ?!"

//Yo...kai.....vergiss mich nicht...// waren Jurias Gedanken, als sie sich fühlte, als bewege sie sich durch einen schwerelosen, endlosen Raum, indem sie wohl nun für immer gefangen sein würde. Wäre sie nicht in diesem Gefängnis eingefroren, hätte man ihre Tränen sehen können.